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Steuerstrafrecht/Insolvenzrecht: Restschuldbefreiung für hinterzogene Steuer

Steuerforderungen, hinsichtlich derer eine Steuerhinterziehung vorliegt, sind keine Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i. S. von § 302 Nr. 1 InsO und können daher von einer Restschuldbefreiung erfasst werden.

Das in der Insolvenzordnung geregelte Restschuldbefreiungsverfahren ermöglicht es dem redlichen Insolvenzschuldner sich von den während des Insolvenzverfahrens nicht befriedigten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern zu befreien. Die Restschuldbefreiung muss zu Beginn des Insolvenzverfahrens beantragt werden und gilt nur für natürliche Personen. Dem Antrag ist eine Erklärung beizufügen, mit der der Insolvenzschuldner für einen Zeitraum von 6 Jahren nach Abschluss des Insolvenzverfahrens sein gesamtes pfändbares Einkommen an einen von Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Diese Restschuldbefreiung kann auf Antrag eines Insolvenzgläubigers dem unredlichen Insolvenzschuldner versagt werden. Bestimmte Forderungen sind von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen. Hierzu gehören u.a. Verbindlichkeiten des Schuldners aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe des Rechtsgrundes zur Tabelle angemeldet hat.

Das Finanzgericht Hamburg hat mit Urteil v. 12.02.2007 (Az: 2 K 106/06) entschieden, dass hinterzogene Steuern keine Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S.v. § 302 Nr.1 InsO sind. Nach Auffassung des Gerichts erfüllt die Steuerhinterziehung keinen Tatbestand der unerlaubten Handlung:

1. Ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs.1 BGB wird abgelehnt, weil die Steuerhinterziehung allenfalls zu einem Vermögensschaden des Staates geführt hat. Das Vermögen ist jedoch kein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut.

2. Die Steuerhinterziehung ist auch kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Schutzgesetz eine Rechtsnorm, die dazu dient, den Einzelnen oder einzelnen Personenkreise gegen die Verletzung von bestimmten Rechtsgütern zu schützen. Sind staatliche Vermögensinteressen verletzt, muss die Schutznorm diese erkennbar in ihren Schutzbereich miteinbeziehen und denjenigen des Bürgers gleichstellen. Dies kommt regelmäßig für die auf Sicherung des staatlichen Mittelaufkommens zugeschnittenen Vorschriften nicht in Betracht, solange die Mittel nicht fiskalisches Sondervermögen bilden.

Die in § 370 AO geregelte Steuerhinterziehung schützt den Anspruch des Staates auf die jeweiligen Steuererträge mit dem Ziel, die notwendigen Mittel, die für die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens notwendig sind, zur Verfügung zu stellen. Schutzrichtung der Vorschrift ist daher allein das Interesse der Allgemeinheit. Zudem besteht kein dem Bürger vergleichbares Schutzbedürfnis des Staates, weil der Staat in derartigen Fallgestaltungen nicht wie ein privater Funktionsträger auftritt. Letztlich sprechen auch die in der Abgabenordnung geregelten Zwangsmaßnahmen gegen die Notwendigkeit eines auf dem Zivilrechtsweg zur verfolgenden Schadensersatzanspruch des Staates.

3. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung genügt auch nicht zur Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne von § 826 BGB.

4. Das Gericht lehnt auch eine erweiterte Auslegung des § 302 InsO ab. Weder eine Ausdehnung auf andere widerrechtliche Rechtsverletzungen außerhalb des Bereichs der unerlaubten Handlung noch die Erfassung jedweder Pflichtwidrigkeit oder Straftat im Zusammenhang mit dem Entstehen der angemeldeten Forderung hält das Gericht für notwendig. Denn zum einen entstehen die Steuerschulden ungeachtet einer etwaigen Steuerhinterziehung allein aufgrund der Verwirklichung eines Steuertatbestandes, so dass die unerlaubte Handlung oder Pflichtwidrigkeit nicht der Rechtsgrund der Forderung ist. Zum anderen spricht auch der Gesetzeszweck gegen eine erweiterte Auslegung. Zwar soll die Restschuldbefreiung grundsätzlich nur dem redlichem Schuldner vorbehalten bleiben, der Gesetzgeber hat sich jedoch sowohl bei § 290 InsO (Versagung der Restschuldbefreiung) als auch bei § 302 InsO (von der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderungen) gegen eine Generalklausel und für eine abschließende Vorschrift entschieden. Dem würde eine erweiterte Auslegung zuwiderlaufen.

Fazit: Erstmalig hat sich das Finanzgericht Hamburg mit der Frage befasst, ob Steuerforderungen, die auf einer Steuerhinterziehung des Steuerpflichten beruhen von der Restschuldbefreiung erfasst werden. Ob diese für den Insolvenzschuldner positive Entscheidung auch weiterhin Bestand haben wird ist fraglich, da das Finanzgericht die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Die Revision wurde zwischenzeitlich eingelegt, so dass das Urteil bislang nicht rechtskräftig ist. Es bleibt daher abzuwarten wie der BFH entscheiden wird.

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