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Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens als verdeckte Gewinnausschüttung (Stand 11/2021)
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit dem am 28. Oktober veröffentlichten Urteil vom 18. Mai 2021 (Az. I R 62/17) im Leitsatz wie folgt entschieden:

„Bei der Ermittlung des fremdüblichen Darlehenszinses für ein unbesichertes Gesellschafterdarlehen steht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) einem fehlenden Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung nicht entgegen.“

Auf einen Blick

Für Zwecke der Bestimmung eines fremdüblichen Zinssatzes bei Gesellschafterdarlehen sind sowohl die Besicherung als auch eine etwaige Nachrangigkeit des Darlehens wesentliche Vergleichskriterien der zu beurteilenden Leistungsbeziehung. Dabei ist die – nicht durch eine Besicherung zu umgehende – insolvenzrechtliche Nachrangigkeit bestimmter Gesellschafterdarlehen gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ebenfalls bei der Bestimmung des Zinssatzes zu beachten. So hat sich – nach höchstrichterlicher Auffassung – der fremdübliche Zinssatz eines Gesellschafterdarlehens an einem nachrangigen (mitunter unbesicherten) Drittdarlehen bemessen zu lassen, sofern die insolvenzrechtliche Nachrangigkeit gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO greift.

Im Detail

Allgemeines
Bei einem Darlehen, welches der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dieser gewährt, ist die Höhe des vereinbarten Zinssatzes von besonderer Bedeutung. Nur eine dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende Verzinsung wird steuerlich vollumfänglich anerkannt. Darüberhinausgehende Zinszahlungen sind als verdeckte Gewinnausschüttung bei der darlehensnehmenden Gesellschaft zu qualifizieren und erhöhen dort das Einkommen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist immer dann anzunehmen, wenn es bei einer Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung (oder verhinderten Vermögensmehrung) kommt, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auch die Höhe des Unterschiedsbetrages i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Ferner muss die Vorteilsgewährung durch die Gesellschaft das Erfordernis der Zuflusseignung erfüllen.

Ausschlaggebend für die Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttung ist meistens die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Diese wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH anhand des typisierten Bildes des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bestimmt (sog. „Fremdvergleich“). Hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht gewährt, liegt die Veranlassung der Vorteilsgewährung im Gesellschaftsverhältnis begründet. Folglich bedarf es für Zwecke der Qualifikation des Fremdvergleiches nur des „Wegdenkens“ der Nahestehensbeziehung.

Urteilssachverhalt
In dem vorstehend genannten Entscheidungssachverhalt hatte die Klägerin (eine inländische GmbH) zur Finanzierung eines Unternehmenskaufs insgesamt drei Darlehen aufgenommen. Diese waren in Bezug auf die Laufzeit, die Besicherung und die Darlehenszinsen jeweils abweichend ausgestaltet. Die einzelnen Darlehensgeber waren sowohl der Verkäufer der akquirierten Gesellschaft, eine Geschäftsbank sowie insbesondere die Gesellschafterin der Klägerin. Das letztgenannte Gesellschafterdarlehen war mit 8% p.a. über eine Laufzeit von 10 Jahren verzinst, wobei die Zinsen nicht laufend, sondern erst mit Ablauf des zehnjährigen Darlehensvertrages zu entrichten waren. Ebenfalls unbesichert war das Verkäuferdarlehen, welches mit 10% p.a. verzinst wurde. Das Bankdarlehen wurde durchschnittlich mit 4,78 % verzinst und war vollständig besichert. Das Gesellschafterdarlehen war gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten der Klägerin – insb. gegenüber den beiden anderen Darlehensverbindlichkeiten – nachrangig.

Nach Auffassung des Finanzamtes würde der fremdübliche Zins 5% betragen und sich – trotz abweichender Laufzeit und Besicherung – am aufgenommen Bankdarlehen orientieren. In Höhe der die Verzinsung des Bankdarlehens übersteigenden Zinslast läge, nach Auffassung des Finanzamtes, eine fremdunübliche Zinsvereinbarung und demnach eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Diese Auffassung teilte auch die Vorinstanz (Urteil FG Köln vom 29.06.2017 – 10 K 771/16).

Der BFH folgte der Auffassung der Vorinstanz wie auch des Finanzamtes nicht
Nach dem vorgenannten Urteil des BFH ist die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Gesellschafterdarlehen grundsätzlich nach der Preisvergleichsmethode hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes zu ermitteln. Diese erfordert jedoch identische Leistungsbeziehungen, was mitunter vereinzelte Preisanpassungen notwendig macht. Die Besicherung des Darlehens sowie eine etwaige Nachrangigkeit sind wesentliche Vergleichskriterien der einzelnen Leistungsbeziehungen. Die nicht durch eine Besicherung zu umgehende insolvenzrechtliche Nachrangigkeit eines Gesellschafterdarlehens gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist nach Ansicht des BFH nicht dazu geeignet, die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens oder gar das Rangverhältnis als gänzlich unbeachtlich zu befinden. Vielmehr müsste für Zwecke des Fremdvergleichs gerade die nur mit der Gesellschafterstellung verbundene insolvenzrechtliche Nachrangigkeit mit hinweggedacht werden. Ein fremder Dritter würde eine „freiwillige“ Nachrangigkeit nur dann akzeptieren, wenn diese durch eine höhere Risikokompensation – in Form eines Zinsaufschlages – abgegolten würde. Gleiches würde mit Blick auf die (fehlende) Besicherung gelten. Der von der Vorinstanz (FG Köln) gezogene Preisvergleich von (besichertem) Bankdarlehen und (unbesichertem) Gesellschafterdarlehen ist daher nach Auffassung des BFH rechtsfehlerhaft.

Ausblick und Auswirkungen auf die Praxis
Der BFH hat die Klage zwar an das FG Köln als Tatsacheninstanz zurückverwiesen, stellt jedoch in seiner Urteilsbegründung klar, dass sich sowohl eine mangelnde Darlehensbesicherung als auch das individuelle Rangverhältnis der Schuld grundsätzlich in einer höheren Darlehensverzinsung widerspiegelt. Der BFH bestätigt damit den Zusammenhang der mit einem Darlehen verbundenen Risiken und der hierfür erhaltenen Vergütung (Verzinsung). Es bleibt aber abzuwarten, wie letztendlich das FG Köln die in der Urteilsbegründung getroffenen Ausführungen umsetzen wird.

Für die Praxis verbleibt mit Blick auf die Zinsgestaltung bei Gesellschafterdarlehen noch auf Dreierlei hinzuweisen:
Ersten bedarf es auch weiterhin einer sorgfältigen Bestimmung eines fremdüblichen Darlehnszinssatzes, zwecks Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung. Dieser sollte stets individuell ermittelt und sowohl die Ermittlung als auch die Vereinbarung rechtssicher dokumentiert werden.

Wiewohl zweitens der gänzliche Verzicht auf eine Darlehensverzinsung zwar keine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen würde, sollte dies jedoch im Regelfall ebenfalls vermieden werden. Unverzinste Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr am Bilanzstichtag sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der Bilanz des Schuldners mit 5,5 % abzuzinsen und würden somit im Jahr der erstmaligen Abzinsung zu einem (fiktiven) steuerpflichtigen Zinsertrag führen. Dies kann jedoch bereits durch die Vereinbarung eines sehr geringen Zinssatzes verhindert werden.

Sollten andererseits drittens steuerliche Verlustvorträge auf Ebene der darlehensnehmenden Gesellschaft existieren, könnte dagegen die bewusste Zinslosstellung eines Gesellschafterdarlehens zum Zwecke der Verlustverrechnung im Jahr der Abzinsung genutzt werden.

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