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Unternehmensbewertung bei hoher steigenden Zinsen (Stand 11/2022)

I. Auf einen Blick

Die aktuell vorliegend sehr hohe Inflation und damit auch einhergehend steigende Zinssätze haben eine wesentliche Auswirkung auf die Unternehmensbewertung. Das Ausmaß der Auswirkungen ist unternehmensindividuell zu analysieren und in den beiden Bereichen der Unternehmensbewertung „Planung der zukünftigen Überschüsse“ und „Abzinsungsfaktoren“ zu berücksichtigen.

Für das Jahr 2023 rechnen Experten mit einer weiter steigenden Inflationsrate sowie steigenden Leitzinsen, so dass davon auszugehen ist, dass Unternehmenswerte aufgrund von steigenden Zinssätzen und Ertragsschmälerungen, zurückgehen werden.


Die Inflation kann je nach Geschäftsmodell und Branche auf der einen Seite einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der finanziellen Überschüsse haben. Diese könnten in den kommenden Jahren geringer ausfallen, soweit die steigenden Kosten nicht an die Kunden weitergegeben werden können. Auf der anderen Seite führen steigende Zinsen zu geringeren Unternehmenswerten, da die Überschüsse in den Planungszeiträumen mit einem höheren Zinssatz diskontiert werden.

Die Folge: Die Unternehmenswerte werden mit hoher Wahrscheinlichkeit sinken.

 

II. Im Detail

1. Inflationsentwicklung in Deutschland und Erhöhung des Leitzinses durch die EZB

Die Inflationsrate in Deutschland wird im Oktober 2022 voraussichtlich +10,4 % betragen. Gemessen wird sie als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat. Im September 2022 hatte die Inflationsrate bei +10,0 % gelegen. Mit einer deutlichen Verringerung der Inflationsrate im ersten Halbjahr 2023 ist laut Experten nicht zu rechnen. Hauptsächliche Inflationstreiber stellen die erhöhten Energiepreise und die weiterhin anhaltenden Lieferengpässe innerhalb der weltweiten Wertschöpfungsketten dar.

Die Europäische Zentralbank hat zum ersten Mal seit Mai 2016 eine Anhebung des Leitzinses vorgenommen, um der Inflationsrate entgegenzuwirken. Nach den ersten beiden Leitzinserhöhungen im Juli und September 2022, hat die Europäische Zentralbank (EZB) entschieden, den Leitzins im Oktober abermals anzuheben. Seit dem 27. Oktober 2022 liegt der Leitzins der EZB bei 2,0 %. Er wird fällig, wenn sich Banken Geld von der Zentralbank beschaffen. Möchten Kreditunternehmen ihr Geld bei der EZB anlegen, bekommen sie seit dem 27. Oktober 2022 1,5 % Zinsen.

 

2. Auswirkungen der Inflation auf die Unternehmensplanung

Im Rahmen der Unternehmensplanung werden Unternehmen zunehmend mit steigenden Preisen auf der Lieferantenseite, steigenden Zinsaufwendungen im Rahmen der Kreditaufnahme sowie Lieferengpässen und einer sinkenden Nachfrage beim Absatzmarkt durch die Kunden konfrontiert. Fraglich ist, ob es Unternehmen schaffen, die steigenden Preise vollständig an die eigenen Kunden weiterzugeben. Sofern das Unternehmen in der Lage ist, die Preissteigerungen auf dem Beschaffungs- und Kapitalmarkt vollständig auf die eigenen Kunden abzuwälzen, entziehen sie sich diesen Kostensteigerungen vollständig und verfügen über einen realen, also in der Kaufkraft unveränderten, Gewinn. Dieses Szenario wird vermutlich eine Ausnahme darstellen. Vielmehr müssen zahlreiche Unternehmen mit sinkenden Renditen in der Zukunft rechnen.

Die Inflationseffekte werden bei einer Unternehmensplanung bzw. aus der Finanzplanung abgeleiteten Unternehmensbewertung in die finanziellen Überschüsse eingepreist. Es ist unternehmensspezifisch abzuleiten, welche Positionen innerhalb der Planungsrechnung in welchem Ausmaß von der Inflation betroffen sind. Dabei sollten Unternehmen mithilfe von Szenarien analysieren, wie schwerwiegend die Auswirkungen aus der Inflation in einem Best-, Mid- und Worst-Case-Szenario sein könnten. Die Planungsrechnung sollte den Erwartungswert mit entsprechender Eintrittswahrscheinlichkeit sämtlicher denkbarer Szenarien widerspiegeln.

 

3. Auswirkung der Leitzinsentwicklung für den Kapitalisierungszinssatz


Die Berücksichtigung der Inflation erfolgt im Phasenmodell der Unternehmensbewertung in der sogenannten Detailplanungsphase unmittelbar, indem die Effekte wie oben beschrieben in den finanziellen Überschüssen bzw. den jeweiligen Posten der Planungsrechnung direkt berücksichtigt werden. In der Phase der ewigen Rente (Terminal Value) ist die direkte Berücksichtigung der Inflation nicht mehr möglich und wird systematisch über eine Kürzung des Diskontierungszinssatzes durch den sogenannten Wachstumsabschlag vorgenommen.

Neben den unmittelbaren Auswirkungen der Inflation auf die Unternehmensbewertung hat die Reaktion der EZB mit Anhebung des Leitzinses einen Effekt auf die Fremd- und Eigenkapitalkosten und damit auf den Diskontierungszinssatz. Die Eigenkapitalkosten setzen sich zusammen aus dem risikolosen Basiszinssatz, der allgemeinen Marktrisikoprämie sowie dem Betafaktor.

Der nach der Svensson-Methode respektive nach den Grundsätzen des IDW S 1 ermittelte Basiszinssatz betrug zum 31. Dezember 2021 gerundet 0,10 %. Zum 1.10.2022 stieg der risikolose Basiszinssatz auf gerundet 1,50 % an. Damit hat sich der Basiszinssatz allein in 2022 verfünfzehnfacht. Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung noch weiter anhält. Für Unternehmen hat diese Entwicklung erhebliche Folgen, denn steigende Zinsen führen grundsätzlich zu niedrigeren Unternehmenswerten.

Folgendes vereinfachtes Beispiel zeigt die Auswirkung:

Zum 31.12.2021 wurde eine Beteiligung mit einem nachhaltigen Cashflow von TEUR 500 und einem Kapitalisierungszinssatz von 6,70 % bewertet. Der Kapitalisierungszinssatz von 6,70 % setzt sich zusammen aus dem risikolosen Basiszinssatz von 0,10 %, einer Marktrisikoprämie von 6,00 % sowie einem Betafaktor von 1,10 (0,10 % + 6,00 % x 1,10 = 6,70 %). Der Wert der Beteiligung belief sich zum 31.12.2021 unter der Annahme ewiger und konstanter Cashflows von TEUR 500 p.a. bei einem Zinssatz von 6,70 % auf rund TEUR 7.500 (= TEUR 500 / 6,70 %).

Zum 30.10.2022 beträgt der risikolose Basiszinssatz annahmegemäß 1,50 %. Die nachhaltigen Cashflows und alle übrigen Parameter seien im Vergleich zum 31.12.2021 unverändert. Durch den Anstieg des risikolosen Basiszinssatzes steigen die Eigenkapitalkosten auf 8,10 % (= 1,50 % + 6,00 % x 1,10). Die Folge ist, dass sich der Unternehmenswert der Beteiligung von TEUR 7.500 auf nunmehr TEUR 6.200 reduziert.

Das bedeutet eine Werteinbuße für die gesamte Beteiligung von fast 20 % im Vergleich zum Vorjahr.

Aller Voraussicht nach werden auch die übrigen Parameter der Eigenkapitalkosten (Marktrisikoprämie und Betafaktor) von den aktuellen Entwicklungen nicht verschont bleiben. Insbesondere ist davon auszugehen, dass aufgrund erhöhter Unsicherheit und Volatilität auf den Finanzmärkten der Betafaktor eine Anpassung nach oben erfahren wird.

 

III. Wie sollen Unternehmen sich jetzt verhalten?


Es empfiehlt sich, die Auswirkungen der hohen Inflation und der steigenden Zinssätze im Rahmen der Finanzplanung und der daraus abgeleiteten Unternehmensbewertung in Bezug auf die Auswirkungen auf die jährlichen Überschüsse und die Diskontierungszinssätze zu analysieren. Dabei sind die Effekte stets unternehmensindividuell anhand des Geschäftsmodells, der Branche und der Marktposition abzuschätzen.

Für Rückfragen und weitere Informationen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung.

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