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Steuerreformen nehmen die Unternehmenswerte ins Visier

Der Gesetzgeber will mit der Erbschaftsteuerreform und mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (Funktionsverlagerungen) realistische Verkehrswerte für Unternehmen oder Unternehmensteile mittels eines vereinfachten Ertragswertverfahrens besteuern. Für die Erbschaftsteuer soll dabei ein Kapitalisierungszins von 9 % (Gewinnmultiplikator von ca. 11) Anwendung finden. Insbesondere für mittelständische und kleine Unternehmen (KMU) kann dies zu einem bedrohlichen Szenario führen. Vor allem dann, wenn die Liquidität für Steuerzahlungen auf noch nicht realisierte Erträge fehlt.

1. Unternehmensbewertung aus steuerlichen Anlässen
2. Teilunternehmenswerte bei Funktionsverlagerungen ins Ausland

3. Doppelbesteuerung der Gewinne
4. Finanzielle Bedrohung für KMU - Unternehmen

5. Steuerabwehrstrategie

Unternehmensbewertung aus steuerlichen Anlässen

Nicht erst seit das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert hat, für Zwecke der Erbschaftsteuer Unternehmen zu realistischen Verkehrswerten zu bewerten, sucht dieser geeignete Wege, um solche Unternehmens(Markt)Werte auch für Zwecke der Ertragsbesteuerung zu erschließen. Auch die Finanzverwaltung hat schon seit längerem das Feld der Unternehmensbewertung als geeignetes Terrain entdeckt, um unter Verwendung allgemeiner Unternehmensbewertungsgrundsätze das Steueraufkommen zu optimieren. So haben die Oberfinanzdirektionen (OFD) Rheinland und Münster bereits vor Jahren eine Sonderabteilung gebildet, die sich speziell mit der Unternehmensbewertung aus steuerlichen Anlässen beschäftigt und ihre Überlegungen in einer OFD-Leitlinie veröffentlicht hat. Diese Leitlinie bindet zwar nicht die Finanzämter, beeinflusst aber wesentlich die Steuerfestsetzung, insbesondere durch die aktive Teilnahme der Unternehmensbewertungsexperten dieser Spezialabteilung bei Betriebsprüfungen.

Teilunternehmenswerte bei Funktionsverlagerungen ins Ausland

Anlässlich der Gegenfinanzierung der Steuersatzsenkungen der Unternehmensteuerreform 2008 hat der Gesetzgeber erstmals eine Vorschrift eingeführt, nach der er zukünftige (also noch nicht realisierte) Planerträge besteuern wird. Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform ist wenigstens noch abzusehen, dass der zu besteuernde Unternehmenswert durch eine Kapitalisierung der in der Vergangenheit tatsächlich realisierten Gewinne ermittelt werden soll. Dagegen hat der Gesetzgeber nunmehr in § 1 Abs. 3 Außensteuergesetz (AStG) eine neue Regelung eingeführt, nach der es ihm ab dem 01.01.2008 möglich sein soll, einen Teilunternehmenswert mit Hilfe einer Gesamtbewertung (Ertragswertmethode) zu ermitteln. Zugrunde gelegt werden die sich aus den innerbetrieblichen Finanzplanungsunterlagen ergebenden zukünftigen Erträge nach Steuern. Anders als bei der Erbschaftsteuerreform ist im Außensteuergesetz ein pauschaler Kapitalisierungszinssatz (bisher jedenfalls) nicht vorgesehen. Das Gesetz schreibt lediglich den Ansatz eines angemessenen „risikoadäquaten“ Kapitalisierungszinssatzes vor. Der sich ergebende Teilunternehmenswert wird unabhängig von seiner Realisierung der Besteuerung unterworfen. Gegenstand dieser Vorschrift ist die Auslandsverlagerung von bestimmten betrieblichen Funktionsbereichen (Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Finanzierung etc.), denen eine eigenständige Bedeutung für die Generierung finanzieller Überschüsse zugeordnet werden kann (z. B. Verlagerung einer bestimmten Produktionsanlage in eine Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft im Ausland).

Doppelbesteuerung der Gewinne

Das Ziel des Gesetzgebers ist relativ klar: Zukünftig im Ausland erzielte Ergebnisbestandteile sollen vorab von der deutschen Besteuerung abgeschöpft werden. Dabei bezieht er durch eine vorgegebene virtuelle Simulationsrechnung auch solche Gewinnbestandteile in die Bewertung mit ein, die allein auf spezielle Standortvorteile des ausländischen Staates zurückzuführen sind und deshalb in Deutschland gar nicht erzielt werden können. Die eingeführte Regelung soll mit den ausländischen Finanzverwaltungen nicht abgestimmt worden sein. Doppelbesteuerungen und möglicherweise langwierige und kostspielige Verständigungsverfahren werden die Folge sein.

Finanzielle Bedrohung für KMU - Unternehmen

Die neuen Regelungen könnten insbesondere für KMU-Unternehmen dann zu einer finanziellen Bedrohung führen, wenn die Liquidität für die Steuerzahlung auf erst zukünftig entstehende Gewinne, die naturgemäß noch nicht vereinnahmt wurden, fehlt. Ferner darf mit Blick auf die Erbschaftsteuerreform bezweifelt werden, ob die speziellen unternehmerischen Risiken von KMU-Unternehmen in einem pauschalierten Kapitalisierungszinssatz in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Bei der Funktionsverlagerung stellt sich die Frage, welcher Kapitalisierungszinssatz angemessen ist. Die OFD-Leitlinie (3. Auflage, Stand 2005) hielt bereits unter Bezugnahme auf den Bewertungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S1) einen Kapitalisierungszinssatz vor Steuern von nur 7,5 % (Basiszinssatz von 4,5% plus Marktrisikoprämie von 3%), der einem Gewinnmultiplikator von ca. 13,3 entspricht, für „im Allgemeinen als angemessen“. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der IDW S1 in Übereinstimmung mit der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertungslehre die Marktrisikoprämien von am Aktienmarkt beobachteten Kapitalmarktrenditen ableitet. Bei der Interpretation dieser gemessenen Risikoprämien wird von einem Kapitalmarktmodell ausgegangen, in dem der Kapitalinvestor ein breites Aktienportfolio hält. Wegen dieser Diversifizierung bleiben spezielle unternehmerische Risiken zunächst vollständig unberücksichtigt. Kleine und mittelständische Unternehmen können aber wegen ihrer spezifischen unternehmerischen Risiken nicht ohne weiteres mit diversifizierten Kleinaktionären verglichen werden. Die Kapitalisierungszinssätze müssen daher bei KMU-Unternehmen individuell angepasst werden.

Steuerabwehrstrategie

Die von der Neuregelung betroffenen Unternehmen sollten frühzeitig entsprechendes Beratungsknow-how in die Abwehrstrategie bzw. in die Steuergestaltung einbinden. Ansätze für einen Steuerschutz ergeben sich sowohl aus den allgemeinen Steuerrechtsprinzipien als auch aus den zentralen Grundsätzen der Unternehmensbewertungslehre. So ist es nach überwiegender Meinung der Literatur mehr als zweifelhaft, ob das vorstehend beschriebene Gesetz zur Funktionsverlagerung vor den Steuergerichten, insbesondere dem Europäischen Gerichtshof, Bestand haben wird. Aus Sicht der Unternehmensbewertung stellen aufgrund der besonderen steuerlichen Konsequenzen sowohl die Ableitung der zukünftigen finanziellen Überschüsse als auch die Ermittlung angemessener risikoadäquater Kapitalisierungszinssätze eine spezielle Herausforderung dar. Notwendig erscheint daher eine interdisziplinäre Steuerabwehrstrategie, die sowohl die spezielle steuerrechtliche Problemlage als auch die einschlägigen Bereiche der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertungslehre einbezieht.

Beitrag wurde veröffentlicht in "Das Thema - Finanzpartner für dne Mittelstand in Köln", Verlagsbeilage des UPE Verlags, 12/2007


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