drucken

Themen

Bauabzugsteuer: Neues BMF-Schreiben ist insbesondere auch für private Vermieter von Relevanz (Stand 12/2022)

I. Einleitung


In vielen Praxisfällen wird die Pflicht zur Einbehaltung und Abführung von Bauabzugssteuern sowie das damit einhergehende Steuerstraf- und Haftungsrisiko des Leistungsempfängers von Bauleistungen – insb. von privaten Vermietern – verkannt. Gut 20 Jahre nach der Erstfassung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Bauabzugsteuer wurde dieses nun jüngst durch das überarbeitete Schreiben vom 19. Juli 2022 (BStBl I 2022, 1229) ersetzt. Darin wird insbesondere die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 7. November 2019 (Az.: I R 46/17) mit Blick auf die normspezifische Auslegung der Bauwerks- und Bauleistungsbegriffe umgesetzt. Die wesentlichen Inhalte des 35-seitigen BMF-Scheibens sowie deren Auswirkungen auf die Praxis erläutern wir Ihnen überblicksartig in dem nachfolgenden Beitrag.

 

II. Auf einen Blick


Die Bauabzugsteuer ist in den §§ 48 bis 48d Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Demnach sind Unternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) verpflichtet, bei Bezug von Bauleistungen 15 % der Gegenleistung an den Leistenden einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Ein Unternehmer kann jedoch insbesondere auch ein privater Vermieter sein, der mehr als zwei Wohneinheiten vermietet. Eine Abstandnahme von der Pflicht zum Steuereinbehalt gilt nur, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG vorlegt oder bestimmte Freigrenzen im Gesamtjahr nicht überschritten werden. Wird der Einbehalt, die Anmeldung und die Abführung der Bauabzugsteuer pflichtwidrig unterlassen, drohen neben steuerstrafrechtlichen Themen insbesondere auch eine Haftungsinanspruchnahme für den Leistungsempfänger. Darüber hinaus können auch Verspätungszuschläge von bis zu 25.000 Euro festgesetzt werden.

 

III. Im Detail


1. Grundlegendes

Nach den §§ 48 bis 48d EStG sind unternehmerisch tätige Auftraggeber i. S. d. § 2 UStG von Bauleistungen (Leistungsempfänger) verpflichtet im Inland einen Steuerabzug von i. H. v. 15 % der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vorzunehmen. Der Leistungsempfänger hat bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung im Sinne des § 48 erbracht wird, eine Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, in der er den Steuerabzug für den Anmeldungszeitraum selbst zu berechnen hat. Der Abzugsbetrag ist am zehnten Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums fällig und an das für den Leistenden zuständige Finanzamt für Rechnung des Leistenden abzuführen. Der Leistungsempfänger haftet für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag. Hingegen kann der Steuerabzug unterbleiben, wenn:

  1.  Der Leistende dem Leistungsempfänger eine zum Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt, oder
  2. die Gegenleistung im Kalenderjahr voraussichtlich 5.000 Euro bzw. 15.000 Euro (bei ausschließlich steuerfreier Vermietung) nicht überschreitet oder
  3. der Leistungsempfänger nicht mehr als zwei Wohnungen vermietet.


Mit Blick auf die Freigrenzen gilt es zu konstatieren, dass für die Ermittlung des kritischen Betrags die für denselben Leistungsempfänger im Kalenderjahr erbrachten und voraussichtlich noch zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen sind. Daher ist eine Abstandnahme vom Steuerabzug im Hinblick auf diese Freigrenzen nur zulässig, wenn im laufenden Kalenderjahr nicht mit weiteren Zahlungen für Bauleistungen an denselben Auftragnehmer zu rechnen ist oder die Zahlungen insgesamt nicht die Freigrenze überschreiten werden. Geht der Leistungsempfänger zunächst davon aus, dass die Freigrenze nicht überschritten wird und nimmt er bei Erfüllung der Gegenleistung den Steuerabzug nicht vor, so ist der unterlassene Steuerabzug nachzuholen, wenn es im weitern Zeitablauf zur Überschreitung der maßgeblichen Freigrenze kommt.

WICHTIG: Ein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist grundsätzlich auch jeder (privater) Vermieter, der lediglich aufgrund der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG keiner Umsatzsteuerpflicht unterliegt sowie der Vermieter, der von der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG Gebrauch macht. Vermietet der Leistungsempfänger hingegen nicht mehr als zwei Wohnungen, ist der Steuerabzug auf Bauleistungen für diese Wohnungen nicht anzuwenden (sog. Zweiwohnungsregelung; § 48 Abs. 1 S. 2 EStG). Erbringt der Leistungsempfänger neben steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nummer 12 Satz 1 UStG weitere, ggf. nur geringfügige umsatzsteuerpflichtige Umsätze, gilt insgesamt die Freigrenze von 5.000 €. Ob eine Wohnung vorliegt, richtet sich nach § 181 Abs. 9 BewG. Danach ist eine Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist und deren Wohnfläche mindestens 23 m² beträgt.

2. Die Begriffe der „Bauleistung“ und des „Bauwerkes“

Unter dem Begriff Bauleistung sind alle Leistungen zu verstehen, die der Herstellung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 S. 3 EStG). Eine Bauleistung setzt voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirkt, d. h. eine Substanzveränderung im Sinne einer Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung bewirkt. Dazu zählen exemplarisch der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen, aber auch von Einrichtungsgegenständen, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind. Nicht unter den Begriff der Bauleistung fallen hingegen ausschließlich planerische Leistungen, Arbeitnehmerüberlassungen, Reinigungsarbeiten, bestimmte Wartungsarbeiten oder Materiallieferungen, sofern es sich bei diesen nicht um Nebenleistungen zu einer Bauleistung handelt.

Der Begriff des Bauwerks ist nicht auf Gebäude beschränkt, sondern ist nach herrschender Auffassung weit auszulegen und umfasst somit sämtliche mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen (z. B. Brücken, Straßen oder Tunnel, Versorgungsleitungen, Windkraft- oder Photovoltaikanlagen). Technische Anlagen, wie z. B. eine Freiland-Photovoltaikanlagen, können ebenfalls ein eigenes Bauwerk i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 3 EStG darstellen (insoweit Umsetzung des Urteils des BFH vom 7. November 2019 – I R 46/17, BStBl II 2020, 552).

Wichtig: Bitte beachten Sie generell mit Blick auf Photovoltaikanlagen, dass auch wenn künftig womöglich Betreiber von kleineren Anlagen in Zukunft gemäß § 3 Nr. 72 EStG-E in der Fassung des Jahressteuergesetzt 2022 steuerfreie Einkünfte erzielen, diese weiterhin als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG zu qualifizieren sind und somit auch weiterhin in den Anwendungsbereich der §§ 48 ff. EStG fallen.

3. Die Freistellungsbescheinigung


Der Steuerabzug muss hingegen nicht vorgenommen werden, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt. Freistellungsbescheinigungen werden auf Antrag vom zuständigen Finanzamt erteilt. In der Regel sind diese für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren (im Einzelfall ggfls. auch kürzer) gültig. Der Leistungsempfänger ist verpflichtet die ihm vorgelegte Freistellungsbescheinigung auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Dies kann direkt online über das Bundeszentralamt für Steuern erfolgen. Darüber hinaus sind Leistungsempfänger, die unter die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten der §§ 140 ff. AO fallen, nach § 147 Absatz 1 Nummer 5 AO verpflichtet, die Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren (§ 147 Absatz 3 AO).

Eine erst verspätet nachgereichte Freistellungsbescheinigung lässt zwar nicht die originäre Abzugspflicht des Leistungsempfängers entfallen, gleichwohl soll dann aber eine Haftungsinanspruchnahme des Leistungsempfängers unterbleiben.

 

IV. Auswirkungen auf die Praxis


Allen Steuerpflichten, die den Bezug von Bauleistungen erwägen, insbesondere auch Privatpersonen als Vermieter von mehr als zwei Wohnungen, ist anzuraten, die Pflichten der Bauabzugsteuer bei der Beauftragung der Inanspruchnahme von Bauleistungen stets im Blick zu halten. Neben der Abfrage der Freistellungsbescheinigung und deren Prüfung im Onlineverfahren ist insbesondere auf die im Vorhinein anzustellende Jahresbetrachtung und das damit einhergehen das subjektive Element der beabsichtigten Beauftragung im Jahresverlauf hinzuweisen. Sollten Steuerpflichtige im Nachhinein feststellen, pflichtwidrig den Einbehalt, die Anmeldung und die Abführung der Bauabzugsteuer unterlassen zu haben, sollten die Möglichkeiten einer zeitnahen Nacherklärung gemeinsam mit ihrem steuerlichen Berater erörtern werden.

Nicht zu verwechseln ist die Bauabzugsteuer mit der Umkehr der Steuerschuldnerschaft für bezogene Bauleistungen im Umsatzsteuerrecht. Hier ist Vorsicht geboten, da die Regelungen sich durchaus signifikant unterscheiden. So betrifft die Bauabzugsteuer nicht das private Wohnhaus, gegebenenfalls aber die Umkehr der Steuerschuldnerschaft für Zwecke der Umsatzsteuer.

Für Rückfragen und weitere Informationen stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung. 

KONLUS Kontaktservice






* Pflichtfeld

Standort Bensberg:

Schloss-Straße 20
51429 Bergisch Gladbach
Tel.: +49 (0) 22 04 / 9 50 81 00
Fax: +49 (0) 22 04 / 9 50 81 10

Service Hotline

02204 - 9 50 81 00

Standort Köln:

Im Mediapark 5a
50670 Köln
Tel.: +49 (0) 221 / 95 26 81 - 170
Fax: +49 (0) 221 / 95 26 81 - 113

Aktuelle Themen zum Steuerrecht, Betriebsprüfung und vieles mehr