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Grundsteuer: Neue Anzeigepflichten für Immobilienbesitzer auch nach Abgabe der Grundsteuererklärung (Stand: 1/2023)

Bis zum 31. Januar 2023 müssen gegenwärtig alle Grundsteuererklärungen für Zwecke der Neubewertung eingereicht werden. Bewertungsstichtag ist der 1. Januar 2022. Gleichwohl trifft den Steuerpflichtigen künftig auch eine Pflicht zur Anzeige von Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse im Immobilienbestand nach dem 1. Januar 2022. Diese Neuregelungen im Bewertungsgesetz führen dazu, dass der Steuerpflichtige jeweils bis zum 31. Januar (länderspezifisch ggfs. bis zum 31. März) eines jeden Kalenderjahres prüfen muss, ob sich im vorangegangen Kalenderjahr anzeigepflichtige Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Immobilienbestandes ergeben haben, die sich auf den Grundsteuerwert auswirken. Ab dem Jahr 2023 wird die Grundsteuer folglich ein deutlich höheres Gewicht im Rahmen des Tax-Compliance-Management-Systems einnehmen müssen, insbesondere bei Immobiliengesellschaften.

 

I. Auf einen Blick

Immobilieneigentümer müssen  spätestens bis zum 31. Januar 2023 eine auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 ermittelte Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte abgeben (§ 228 Abs. 1 BewG).1 Für jede wirtschaftliche Einheit ist eine einzelne Erklärung einzureichen. Dabei sind detaillierte Angaben zum Grundstück, dem Gebäude und der Art der Nutzung zu machen. Die auf diesem Wege neu ermittelten Grundsteuerwerte finden grundsätzlich ab dem 1. Januar 2025 Eingang in die Ermittlung des dann kommenden Grundsteuerbetrages (siehe dazu bereits ausführlich https://www.konlus-blog.de/grundsteuer). Darüber hinaus wird es künftig im Bundesmodell alle sieben Jahre zu einer Neubewertung der einzelnen wirtschaftlichen Einheiten kommen, so dass der nächste Hauptfeststellungszeitpunkt der 1. Januar 2029 sein wird (§ 221 Abs. 1 BewG i. V. m. § 228 Abs. 1 BewG).

Gleichwohl treffen den Steuerpflichtigen auch in der Zwischenzeit diverse Anzeigepflichten, sollte es zum Beispiel nach dem 1. Januar 2022 zu Änderungen in der Besitzstruktur oder der tatsächlichen Verhältnisse, etwa durch Veränderungen am Grundstück, am Gebäude oder in der Art der Nutzung kommen (§ 228 Abs. 2 BewG). Davon erfasst sind insbesondere Fälle in denen ein bisher unbebautes Grundstück bebaut, ein Gebäude oder Gebäudeteil abgerissen, ein zuvor zu Wohnzwecken genutzter Gebäudeteil nun geschäftlich genutzt wird, oder umgekehrt.

 

II. Im Detail


1. Die neuen Anzeigepflichten


Bis dato sah das alte Grundsteuerrecht, einhergehend mit dem Bewertungsgesetz, keine individuellen Anzeigepflichten für den Steuerpflichtigen vor. Die Feststellungserklärungen waren, bzw. sind bis einschließlich 2024 lediglich nach Aufforderung durch das Finanzamt einzureichen. Künftig wird jedoch eine Anzeigepflicht nach § 228 Abs. 2 BewG ausgelöst, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse ändern und sich die Änderungen auf die Höhe des Grundsteuerwertes auswirken (§ 230 BewG). Entsprechendes gilt bei Auswirkungen auf die Vermögensart (§ 218 BewG) oder die Grundstücksart (§ 249 BewG). Ob im Falle von wertrelevanten Änderungen die Fortschreibungsgrenzei. H. v. 15.000 Euro erreicht wird (§ 222 Abs. 1 BewG), ist für das Bestehen der der Anzeigepflicht ohne Bedeutung. Das Gesetz knüpft die Anzeigepflicht allein an die tatsächliche Veränderung und ihre Relevanz für die Höhe des Grundsteuerwertes an, nicht an die konkrete Fortschreibungsrelevanz. Die Anzeigepflicht erfasst dem Wortlaut nach auch solche Umstände, die zu einer Minderung des Grundsteuerwertes führen.

Die Anzeige ist auf den Beginn des Kalenderjahres abzugeben, das dem Jahr der Änderung folgt. Die Frist dazu beträgt einen Monat und beginnt mit dem Kalenderjahr, für das die Anzeige abzugeben ist (§ 228 Abs. 2 Satz 3 BewG). In den jeweiligen Ländermodellen Bayern, Hamburg und Niedersachsen müssen Anzeigen bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres abgegeben werden (vgl. dazu insb. § 8 Abs. 5 NGrStG, Art. 6 Abs. 5 BayGrStG und § 6 Abs. 5 HmbGrStG).

 

2. Erklärungs- und anzeigepflichtige Personen


Die Erklärung nach § 228 Abs. 1 BewG und die Anzeige nach § 228 Abs. 2 BewG sind im Regelfall von derjenigen Person abzugeben, der das Grundstück im Feststellungszeitpunk wirtschaftlich zuzurechnen ist, also grundsätzlich dem wirtschaftlichen Eigentümer. Das wirtschaftliche Eigentum begründet sich regelmäßig mit dem Übergang von Nutzen und Lasten und somit vor Übergang des zivilrechtlichen Eigentums (Grundbucheintrag).

Besonderheiten – und insbesondere spezielle Mitwirkungspflichten – gibt es bei Erbbaurechtsgrundstücken und Grundstücken auf fremden Grund und Boden. Da in Erbbaurechtsfällen das Grundstück dem Erbbauberechtigten zugerechnet wird, ist folgerichtig auch der Erbbauberechtigte verpflichtet, die Feststellungserklärung oder Anzeige abzugeben. Der Erbbauverpflichtete hat an der Erklärung oder Anzeige mitzuwirken. Bei einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, die Steuererklärung oder Anzeige abzugeben. Der wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes hat mitzuwirken (vgl. § 228 Abs. 3 BewG sowie A 228 Abs. 3 AEBewGrSt). Ist der Erklärungs- oder- Anzeigepflichtige zwischenzeitlich verstorben, trifft die Pflicht zur Abgabe der Erklärung oder Anzeige bzw. zur Berichtigung der selbigen (z. B. gem. § 153 Abs. 1 AO) den Erben oder ggf. den Testamentsvollstrecker bzw. den Nachlasspfleger.

 

3. Beispielsfall: Umwidmung der Nutzungsart

Liegt die Nutzung der Wohn- und Nutzfläche für Wohnzwecke über 80 Prozent und handelt es sich bei dem Grundstück nicht um Ein- und Zweifamilienhäuser oder um Wohnungseigentum ist von einem Mietwohngrundstück auszugehen (§ 249 Abs. 4 BewG). Liegt die Nutzung der Wohn- und Nutzfläche für eigene oder fremde betriebliche oder öffentliche Zwecke bei über 80 Prozent und liegt kein Teileigentum vor, ist von einem Geschäftsgrundstück auszugehen (§ 249 Abs. 7 BewG). Liegt hingegen ein Grundstück vor, das teils Wohnzwecken, teils eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dient und nicht als Ein- und Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Wohnungseigentum, Teileigentum oder Geschäftsgrundstück zu qualifizieren ist, ist von einem gemischt genutzten Grundstück auszugehen (§ 249 Abs. 8 BewG).

Achtung:

Der Nutzungsgrad wird über die jeweiligen Flächenanteile bestimmt, jedoch zählen Flächen gewerblich genutzter Zubehörräumen (z. B. Keller) zur gewerblichen Flächenbestimmung der gewerblichen Nutzung wohingegen jedoch dieselben Flächen von Zubehörräumen bei Wohnungen nicht zu der Wohnfläche zählt. Über die jeweilige Qualifikation der Gebäudenutzung, und damit einhergehend auch abweichenden Bewertungsmethoden und Grundsteuerwerte, entscheiden somit oft nur wenige Quadratmeter. Dies begründet sich in der Ermittlung der Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV), wohingegen die Bestimmung der Nutzflächen sich nach der DIN 277 richtet. So sind bei der Bestimmung des Nutzungsverhältnisses der Wohn- und Nutzflächen die Nutzflächen von Nebenräumen die in einem Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen stehen nicht einzubeziehen, gleichwohl sind Nebenräume deren Nutzflächen nicht im Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen stehen, bei der Ermittlung des Verhältnisses von Wohn- und Nutzfläche zu berücksichtigen.

Beispiel:

A besitzt ein (nicht in Wohnungseigentum aufgeteiltes) Mehrfamilienhaus mit insgesamt 500 m² Wohnfläche und 100 m² Nutzfläche. Die bis dato fremdvermietete großzügige Erdgeschosswohnung mit 95 m² Wohnfläche (< 20 Prozent der gesamten Wohnfläche) samt eines zugehörigen 30 m² großen Kellerraums (Nutzfläche) soll ab dem 1. Februar 2023 als Büro für eigenbetriebliche Zwecke des A genutzt werden.

Lösung:

In der Hauptfeststellung zum 1. Januar 2022 wurde zutreffend von der Grundstücksart „Mietwohngrundstück“ ausgegangen, da es sich um ein Grundstück handelte, welches zu 100 Prozent (=500 m²/500 m² * 100) der Wohn- und Nutzfläche, und somit zu mehr als 80 Prozent, Wohnzwecken diente (§ 249 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 249 Abs. 4 BewG). Bei der Ermittlung des Flächenverhältnisses sind die 100 m² Nutzflächen zutreffend unberücksichtigt geblieben, da diese vollumfänglich im Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen standen.

Durch die Nutzungsänderung am 1. Februar 2023 zu eigenbetrieblichen Zwecken käme es bei einer isolierten Betrachtung der Änderung des Wohnflächenverhältnisses von 19 Prozent (=95 m²/500  m² * 100) augenscheinlich zu keiner Änderung der Nutzungsart. Gleichwohl muss aufgrund der eigenbetrieblichen Nutzung nun die Nutzfläche des zugehörigen Kellerraums von 30 m² bei der Ermittlung des Verhältnisses von Wohn- und Nutzfläche berücksichtigt werden, da dieser nicht (mehr) im Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen steht. Es liegt im Ergebnis ab dem 1. Februar 2023 eine lediglich verbleibende Nutzung zu Wohnzwecken von ca. 76 Prozent (= (405 m²/(500 m² + 30 m²)) * 100) und somit künftig eine gemischte Nutzung des Gebäudes vor, welche zu einer notwendigen Neubewertung im Sachwertverfahren führt.

  • A ist verpflichtet die Änderungen bis spätestens zum 31. Januar 2024 anzuzeigen und eine entsprechende Feststellungserklärung abzugeben.

 

4. Elektronische Abgabepflicht

Die Erklärungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte und die Anzeigen über die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sind elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung an das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt zu übermitteln (§ 228 Abs. 4-6 BewG). Örtlich zuständig ist das jeweilige Lagefinanzamt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nur auf Antrag und zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Finanzamt auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Als Befreiungsgründe kommen insbesondere in Betracht, wenn die Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist (§ 150 Abs. 8 AO).

 

5. Berichtigungspflicht

Neben den allgemeinen Erklärungs- und Anzeigepflichten bestehen darüber hinaus die allgemeinen verfahrensrechtlichen Berichtigungspflichten weiterhin fort. Sollte der Steuerpflichtige nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennen, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist (§ 153 AO; A 228 Abs. 5 Satz 6 AEBewGrSt) hat er dies unverzüglich anzuzeigen und eine Richtigstellung vorzunehmen.

Wichtig ist in diesem Fall darauf hinzuweisen, dass die Korrektur ohne schuldhaftes Zögern erfolgen muss und regelmäßig nicht erst im Rahmen der Anzeigepflicht im folgenden Kalenderjahr erfolgen kann. Im Zusammenhang mit der Korrektur von nicht oder falsch abgegebene Erklärungen ist dem Steuerpflichtigen dringend anzuraten, die Korrektur der entsprechenden Sachverhalte von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater prüfen und begleiten zu lassen, um etwaig straf- oder bußgeldrechtliche Konsequenzen im Blick zu halten und rechtsicher handhaben zu können.

 

6. Rechtsfolgen bei Nichtabgabe oder Nichtanzeige

Die Erfüllung der Erklärungs- und Anzeigepflichten ist grundsätzlich seitens der Finanzverwaltung erzwingbar (§§ 328?ff. AO). Bei Nichterfüllung oder nicht fristgerechter Erfüllung ist grundsätzlich ein Verspätungszuschlag festzusetzen (§ 152 Abs. 1 u. 2 AO). Wird eine Erklärung nach Aufforderung dennoch nicht eingereicht, kann das Finanzamt den Grundsteuerwert schätzen (§ 162 AO). Die Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung wird dadurch aber nicht berührt (§ 149 Abs. 1 Satz 4 AO).

Ungeachtet dessen kann das vorsätzliche oder leichtfertige Versäumnis der Abgabe- oder Anzeigepflichten straf- oder bußgeldrechtliche Verfahren nach sich ziehen und als nicht unerheblichen Strafen des Steuerpflichtigen gewertet werden.

 

III. Auswirkungen auf die Praxis

Künftig werden alle Steuerpflichtige mit Grundvermögen regelmäßig, spätestens jedoch im Januar des Folgejahres, prüfen müssen, ob sich, und wenn ja in welchem Umfang, Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse seit dem letzten Feststellungszeitpunkt ergeben haben. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn sich diese auf die Höhe des Grundsteuerwerts, die Vermögensart oder die Grundstücksart auswirken oder es zu einer erstmaligen Feststellung führt. Sollten dergleichen Änderungen zu konstatieren sein, sind die vorstehend skizzierten Erklärungs- und Anzeigepflichten zu beachten.

Steuerpflichtige mit großen Grundvermögen ist daher zu einer Implementierung eines eigenen Prüfungspunktes für Zwecke der Überwachung etwaiger grundsteuerlicher Erklärungs- oder Anzeigepflichten im Tax-Compliance-Management-System zu raten.

Für Rückfragen und weitere Informationen stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung

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