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Handlungsbedarf bei grund- und anteilsbesitzende GbRs – Steuerliche Auswirkungen der Reform der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (Stand 11/2023)

I. Auf einen Blick

Zum 1. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz MoPeG) in Kraft. Insbesondere für Gesellschaften bürgerlichen Rechs (GbRs) hat das MoPeG signifikante Auswirkungen und erfordert gegebenenfalls Handlungen durch die Gesellschafter. Rechtsfähige GbRs können sich künftig in ein öffentliches Gesellschaftsregister eintragen lassen, was zu mehr Publizität und Transparenz bei den GbRs führen soll. Siehe dazu bereits unseren ebenfalls zeitgleich veröffentlichten parallelen Blogbeitrag.

Aus steuerlicher Perspektive gilt es unter anderem zu konstatieren, dass bei grundbesitzenden GbRs, welche (un-)entgeltlich eine Immobilie/ein Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage an die Betriebs(kapital)gesellschaft an  einen der mindestens zwei GbR-Gesellschafters überlassen (Gestaltung zur Verhinderung einer sog. Betriebsaufspaltung), sich durch das Aufbrechen des vorherigen Einstimmigkeitsprinzips bei der GbR nun eine latente Gefahr der Betriebsaufspaltung zum 1. Januar 2024 ergeben könnte, wodurch rechtzeitig zu einer Überprüfung der jeweiligen Gesellschaftsverträge zu raten ist.

 

II. Auswirkungen des MoPeG auf das Steuerrecht

a. Grundsätzlich keine Änderung bei der laufenden Ertragsbesteuerung

Die im Einkommensteuergesetz geregelte Besteuerung der unternehmerisch tätigen Personengesellschaft als Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung, deren Gesellschafter als Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, knüpft nicht an die Qualifikation als Gesamthand an. Aus diesem Grund ergeben sich durch das MoPeG keine direkten Auswirkungen auf die laufende ertragsteuerliche Behandlung von Personengesellschaften.

 

b. Änderung bei direkten Bezügen zum Gesamthandsbegriff

Nicht abschließend geklärt ist hingegen die Auswirkung des MoPeG auf die Vorschriften, welche explizit auf den Gesamthandsbegriff abstellen. Gleichwohl gilt es in diesem Zusammenhang folgendes zu konstatieren:

  1. Ertragsteuerlich wäre dies z. B. die Regelung zur steuerneutralen Übertragung von Wirtschaftsgütern gem. § 6 Abs. 5 S. 3 EStG. Diese stellt tatbestandlich auf das Gesamthandsvermögen ab und regelt Übertragungsvorgänge von Wirtschaftsgütern zwischen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen und dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft sowie zwischen dem Sonderbetriebsvermögen und dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft.
    Gleichwohl gilt es festzuhalten, dass für Zwecke der Ertragsteuern durch den gegenwärtigen Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz ein neuer § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO in die Steuergesetze aufgenommen werden soll. Dieser soll regeln, dass „Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, [..] den Beteiligten oder Gesellschaftern anteilig zugerechnet [werden], soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“
  2. Erbschaftsteuerlich ergeben sich u. a. Fragen hinsichtlich der unentgeltlichen Zuwendungen Dritter an eine Personengesellschaft. Durch die transparente Behandlung der Personengesellschaften im Erbschaftsteuerrecht wurden bis dato die Gesamthänder als bereichert angesehen. Würde nun eine unentgeltliche Zuwendung in das Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft erfolgen, ist zurzeit ungeklärt, welche Steuerklassen und Freibeträge zur Anwendung kommen würden.
    Gleichwohl gilt es zu beachten, dass auch erbschaftsteuerlich im Rahmen des Wachstumschancengesetztes ein neuer § 2a ErbStG aufgenommen werden soll, welcher regeln soll, dass „[r]echtsfähige Personengesellschaften […] für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Gesamthand [gelten] und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen [gilt]. Bei einem Erwerb nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Erwerber. Bei einer Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Zuwendende“.
  3. Grunderwerbsteuerlich finden sich Vergünstigungsvorschriften, die für die Übertragung von Grundvermögen von einer bzw. auf eine Gesamthand durch an der Gesamthand beteiligte Personen eine Nichterhebung der Grunderwerbsteuer vorsehen. Daher sind insbesondere die Vorschriften der §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG zur Steuerbefreiung kritisch zu sehen, da diese tatbestandlich ebenfalls das Gesamthandsvermögen adressieren, und ungewiss ist, ob der Wegfall des Gesamthandsvermögens gegebenenfalls etwaige Sperrfristen verletzt und dadurch die Steuerbefreiung rückwirkend entfallen könnte.

    Gleichwohl wird auch in diesem Zusammenhang gegenwärtig eine Gesetzesänderung erwogen. Im Rahmen des vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) an die Verbände versendeten Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes (kurz Grunderwerbsteuernovellierungsgesetz, GrEStNG) soll die Verknüpfung mit dem Gesamthandskonzept ersetzen. Künftig soll – vereinfacht gesagt – darauf abgestellt werden, zu welchem Anteil der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Dies soll die Fortgeltung der Steuerbefreiungen auch für nach dem 31. Dezember 2023 verwirklichte Erwerbsvorgänge absichern. Ferner soll das Risiko unabsichtlicher Sperrfristverstöße aufgrund noch laufender Sperrfristen i. S. d. § 5 Abs. 3 S. 1, § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG im Rahmen einer Übergangsvorschrift adressiert werden. Der neu einzuführende § 23 Abs. 27 GrEStG soll demnach regeln, dass „§ 5 Absatz 3 Satz 1, § 6 Absatz 3 Satz 2 und § 7 Absatz 3 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung […] bis zum Ablauf der dort genannten Fristen für verwirklichte Übergänge nach § 5 Absatz 1 und 2 und § 6 Absatz 3 Satz 1 und Umwandlungen von gemeinschaftlichen Eigentum in Flächeneigentum nach § 7 Absatz 2 in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung mit der Maßgabe weiter anzuwenden [sind], dass anstelle des Vermögens der Gesamthand das Gesellschaftsvermögen im Sinne des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) tritt“.

c. Gefahr einer ungewollten Betriebsaufspaltung

Eine Betriebsaufspaltung entsteht durch die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an ein operativ tätiges Unternehmen, wenn dieses Unternehmen durch den Überlassenden der Betriebsgrundlage beherrscht wird. Eine Betriebsaufspaltung ist ein rein steuerliches Konstrukt der Rechtsprechung und Finanzverwaltung. Wird eine solche angenommen, führt diese im Ergebnis zur Umqualifizierung rein vermögensverwaltender Tätigkeiten – z. B. der Vermietung einer Immobilie – in eine gewerbliche Tätigkeit mit der Folge, dass sowohl Gewerbesteuer auf die Einnahmen zu entrichten ist als auch, dass die Gesellschaftsbeteiligung und die überlassene Betriebsgrundlage nun im (fiktiven) Betriebsvermögen steuerverstrickt sind.Eine steuerfreie Veräußerung einer Immobilie nach zehn Jahren ist dann zum Beispiel nicht mehr möglich.


In der Vergangenheit wurde zur Verhinderung einer solchen Betriebsaufspaltung meist die wesentliche Betriebsgrundlage in einer grundbesitzenden GbR gehalten, an der ein fremder Dritter (z. B. die Ehepartnerin) mit einem geringen Anteil beteiligt war. Diese konnte dann in Ermangelung der Beherrschung beider Gesellschaften durch den Gesellschafter der operativen Gesellschaft (in der GbR galt das Stimmrecht nach Köpfen) die Immobilie vermögensverwaltend – ohne Gewerbesteuer oder Verstrickung in einem (fiktiven) Betriebsvermögen – an die operative Gesellschaft überlassen.

Durch das MoPeG ändert sich nun zum 1. Januar 2024 die Stimmrechtsregelung in der GbR, wodurch sich grundsätzlich die Stimmkraft nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen richtet (§ 709 Abs. 3 BGB-E). Bei Gestaltungen aus der Vergangenheit, in der der Mitgesellschafter der GbR einen Anteil von weniger als 50 % (mitunter nur 0,01 %) innehat, besteht nun ein eklatantes Risiko einer Betriebsaufspaltung zum 1. Januar 2024. Aus diesem Grund empfiehlt es sich dringend, die entsprechenden Gesellschaftsverträge auf ein Pro-Kopf-Stimmrechtsprinzip sowie gegebenenfalls ein Einstimmigkeitsprinzip zu überprüfen oder dieses gegebenenfalls noch rechtzeitig zu vereinbaren.

 

III. Auswirkungen auf die Praxis

Die Eintragung der GbR in dem neuen Gesellschaftsregister kann ab dem 1. Januar 2024, mit Inkrafttreten des MoPeG, erfolgen. Anzumelden ist die Eintragung einer GbR bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. In der Praxis werden diese Änderungen insbesondere Auswirkungen auf sog. Familienpoolgesellschaften haben. Wichtig ist das zeitnahe Tätigwerden insbesondere für GmbH-Gesellschafter, die seinerzeit eine GbR-Struktur zur Verhinderung einer Betriebsaufspaltung gewählt haben. Diese müssen sich rechtzeitig mit ihren GbR-Gesellschaftsverträgen auseinandersetzen.

Ferner gilt es insbesondere zu konstatieren, dass das gegenwärtige mitunter tatbestandlich verankerte Gesamthandsprinzip zumindest in einigen Fällen Probleme bereiten könnte. Wenngleich die vorstehend adressierten Gesetzgebungsverfahren diese Probleme weitestgehend lösen könnten, ist deren Umsetzung vor Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024 zumindest fraglich und bedarf mitunter des proaktiven Tätigwerdens des Steuerpflichtigen.

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