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JStG 2022 im BewG - Änderungen beim Ertragswertverfahren (Stand 8/2023)

I. Auf einen Blick

Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2022 wurde das Bewertungsgesetz (BewG) angepasst, welches in erster Line für Erbschaft- und Schenkungsteuerfälle relevant ist.

Für Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser ist eine Bewertung im sogenannten Vergleichswertverfahren vorgesehen. Hierbei werden Vergleichspreise von Kaufpreissammlungen herangezogen. Das zu bewertende Grundstück wird anhand der Vergleichspreise bewertet. Die Bewertung im Vergleichswertverfahren ist durch das JStG 2022 grundsätzlich nicht neu gefasst worden.

Bei der Bewertung von gemischt genutzten Grundstücken, Geschäftsgrundstücken und Mietwohngrundstücken erfolgt eine Bewertung im Ertragswertverfahren oder Substanzwertverfahren. Hier sind die Bewertungsverfahren ebenfalls grundlegend nicht neu gefasst worden, jedoch wurden einzelne Parameter angepasst. Im Ertragswertverfahren wurden insbesondere die Höhe der Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszinssätze und Restnutzungsdauern reformiert. Im Substanzwertverfahren wurden Baukostenfaktoren eingeführt. Die Verfahren zur Bewertung im BewG in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremden Grund und Boden wurden ebenfalls an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) angenähert. Darüber hinaus erfolgten Anpassungen an Rechtsprechung und Klarstellungen im Gesetz aufgrund von bisherigen Gesetzesanwendungen der Finanzverwaltung.

Durch die Anpassungen kann es zu höheren Bewertungen kommen. Insbesondere im Ertragswertverfahren hat die Anpassung der Bewirtschaftungskosten und Liegenschaftszinssätze einen erheblichen Einfluss. Da die Freibeträge für Erbschaft- und Schenkungsteuerfälle seit 2009 nicht mehr angepasst wurden, führt dies tendenziell zu einer höheren Steuerbelastung des Erben bzw. Beschenkten.

 

II. Im Detail

A. Bewertungsvorschriften

Die ImmoWertV ist zum 1. Januar 2022 in Kraft getreten und reformiert die Vorgehensweise bei der Ermittlung von Immobilienwerten. Sie gilt für verschiedene Akteure im Immobilienbereich, darunter Sachverständige, Kreditinstitute, Gutachterausschüsse und Versicherungen. Mit dem JStG 2022 im BewG sind Änderungen bei der Bewertung von Grundstücken auch für die Steuergesetzgebung vorgenommen worden. Durch die Anpassung der Bewertungsgrundsätze im BewG an die ImmoWertV möchte der Gesetzgeber eine marktpreisgerechtere Immobilienbewertung erreichen. Die neuen Bewertungsregeln gelten für Bewertungsstichtage ab dem 1. Januar 2023. Infolge der Änderungen in den §§ 177 ff. BewG sowie der Anlagen 21 bis 25 BewG hat die Finanzverwaltung mit gleichlautendem Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 20. März 2023 zur Anwendung der Vorschriften Stellung bezogen (Erlass vom 20. März 2023).

Die Anwendungsvorschriften stellen die Sichtweise der Finanzverwaltung zur Auslegung des Gesetzestextes dar. Für eine Übersicht über die umfangreichen Änderungen im BewG kann das Anwendungsschreiben vom 20. März 2023 ebenfalls herangezogen werden.  

Insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren haben eine wesentliche Änderung erhalten. Das Ertragswertverfahren ist unter anderem für die Bewertung von Mietwohngrundstücken (Haus ab 3 Wohneinheiten), Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken relevant. Im Ertragswertverfahren nach den §§ 184 bis 188 BewG wird der Grundbesitz (Ertragswert) aus der Summe von Bodenwert (Bodenertragswert) und Gebäudewert (Gebäudeertragswert) ermittelt. Der Bodenwert ist wie bei einem unbebauten Grundstück nach der Maßgabe des § 179 BewG zu ermitteln. Der Gebäudewert ist getrennt vom Bodenwert auf der Grundlage des Ertrags zu bestimmen. Die genaue Formel kann Tz. 16 der Verlautbarungen des Erlasses vom 20. März 2023 entnommen werden. In diesem Beitrag soll lediglich die Rolle der Bewirtschaftungskosten und des Liegenschaftszinssatz hervorgehoben werden. Niedrigere Bewirtschaftungskosten sorgen für einen höheren Grundbesitzwert. Die niedrigere Bodenwertverzinsung sorgt ebenfalls für eine höhere Grundbesitzbewertung.

 

B. Bewirtschaftungskosten

 

Gültigkeit   

Ab 1.1.2023 

Bis 31.12.2022  

§ 187 BewG i. V. m. Anlage 23 BewG

 

Pauschal nach BewG und Inflationsangepasst 2023 in EUR (kein Gutachterausschuss)  

Erfahrungsschatz Gutachterausschuss oder pauschal, wenn Gutachterausschuss keine (relevanten) Daten liefert 

Verwaltungskosten jährlich pro Wohnung 

344

Verwaltungskosten jährlich pro Einstellplatz

45

 

Instandhaltungskosten jährlich je Quadratmeter Wohnfläche 

13,50

-

 

Instandhaltungskosten jährlich je Garage oder Einstellplatz 

102

-

 

Mietausfallwagnis in Prozent je Rohertrag 

2 %  

-  

Prozentual von Jahresmiete (abhängig von Restnutzungsdauer) 

-

 

21 % bis 29 %) 

 

 

Bei einem Mehrfamilienhaus mit 5 Wohneinheiten, 5 Stellplätzen, EUR 40.000 Jahresnettokaltmiete und 400 Quadratmetern Wohnfläche betragen die Bewirtschaftungskosten nach dem neuen Verfahren ab 1. Januar 2023 EUR 8.655.  Nach dem alten Verfahren wurden Bewirtschaftungskosten zwischen EUR 8.400 (21 %) und EUR 11.600 (29 %) angesetzt (je nach Gebäudealter). Insbesondere bei älteren Objekten kann es durch die neue Bewertung Nachteile für den Steuerpflichtigen durch die Berücksichtigung von geringeren Bewirtschaftungskosten geben. Die Bewirtschaftungskosten werden nicht mehr auf Grundlage der Erfahrungssätze der Gutachterausschüsse ermittelten Bewirtschaftungskosten angesetzt, sondern ausschließlich nach der pauschalen Regelung unter Berücksichtigung von Inflationsanpassungen.

 

C. Liegenschaftszins

Liegenschaftszinssätze sind Kapitalisierungssätze, mit denen Verkehrswerte von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst werden. Mit den Liegenschaftszinssätzen werden die allgemein vom Grundstücksmarkt erwarteten künftigen Entwicklungen, insbesondere der Ertrags- und Wertverhältnisse sowie der üblichen steuerlichen Rahmenbedingungen, berücksichtigt (Tz. 39, Erlass vom 20. März 2023).

Anzuwenden sind die Liegenschaftszinssätze, welche von den Gutachterausschüssen ermittelt werden. Die gesunkenen Liegenschaftszinssätze der letzten Jahre wurden von den Gutachterausschüssen bereits jährlich ermittelt und mussten bereits in der Vergangenheit auch für steuerliche Zwecke in den Bewertungsverfahren Berücksichtigung finden. Für einzelne Regionen und Grundstücksarten standen in der Vergangenheit Liegenschaftszinssätze von Gutachterausschüssen nicht zur Verfügung. Wenn derartige Liegenschaftszinssätze nicht zur Verfügung standen, galten pauschale Zinssätze, die dem BewG direkt entnommen werden konnten. Diese pauschalen Zinssätze, welche § 188 BewG entnommen werden, wurden mit dem neuen BewG reduziert, für Mietwohngrundstücke beispielsweise auf 3,5 %[MK3] (vorher 5 %). Die Reduzierung sorgt für eine höhere Immobilienbewertung.

 

III. Ausblick und Auswirkungen auf die Praxis

Weiterhin offen bleibt die Möglichkeit für den Steuerpflichtigen ein kostenpflichtiges Immobiliengutachten vorzulegen, um einen niedrigeren Wert des zu bewertenden Grundstücks nachzuweisen. Das Gutachten wird von der Finanzverwaltung nur anerkannt, wenn es von qualifizierten Sachverständigen erstellt wurde. Durch die tendenziell höheren Bewertungen nach dem BewG im Substanz- und Ertragswertverfahren, wird der Gutachtennachweis künftig eine größere Rolle spielen. Hierbei sollten die Kosten für die Erstellung des Gutachtens, welche allein der Steuerpflichtige trägt, zur möglichen Steuerersparnis ins Verhältnis gesetzt werden. Insbesondere für Objekte mit hohem Instandhaltungsbedarf und in Regionen, wo es keine örtlich ermittelten Liegenschaftszinssätze gibt, sollte diese Möglichkeit in Betracht bezogen werden.

Für Rückfragen und weitere Informationen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508-100 gerne zur Verfügung.

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