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Kein gesonderter Steuertarif bei Gesellschafterfremdfinanzierung einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft unter der bis zum JStG 2020 geltenden Rechtslage (Stand: 8/2023)

I. Auf einen Blick


Mit dem am 17. August 2023 veröffentlichten Beschluss vom 27. Juni 2023 (Az. VIII R 15/21) des Bundesfinanzhofes (BFH) hat dieser entschieden, dass Zinsen aus Darlehen eines Steuerpflichtigen an eine ausländische Kapitalgesellschaft, an der dieser mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt ist, nach der bis zum Jahressteuergesetz (JStG) 2020 geltenden Rechtslage mit dem regulären progressiven Steuersatz des § 32a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu besteuern sind. Eine Besteuerung der Zinsen mit dem gesonderten 25%-igen Kapitalertragsteuersatz i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG scheide hingegen aus.

 

II. Im Detail


Streitgegenständlich war im Beschlusssachverhalt, ob Zinsen aus einem Darlehen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) an eine ausländische Kapitalgesellschaft, an der er im Jahr 2011 (Streitjahr) mittelbar zu mehr als 10 % beteiligt war, dem gesonderten Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG (Steuersatz i. H. v. 25 %) in der im Streitjahr geltenden Fassung oder dem regulären (progressiven) Steuersatz des § 32a Abs. 1 EStG unterliegen.

Im Streitfall gewährte der Kläger Darlehen an eine niederländische Kapitalgesellschaft, an der er selber mittelbar über eine weitere niederländische Kapitalgesellschaft als Alleingesellschafter beteiligt war. Die hieraus erzielten Darlehenszinsen in Höhe von rund 400.000 € erklärte er in seiner Einkommensteuererklärung als dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG (Steuersatz i. H. v. 25 %) unterliegende Kapitalerträge. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) unterwarf die Zinsen dagegen letztendlich der höheren tariflichen Einkommensteuer unter Hinweis auf die Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG a. F. Nach dieser Vorschrift findet der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG keine Anwendung bei bestimmten Kapitalerträgen, die von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Kapitalgesellschaft (unmittelbar) beteiligt ist. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahestehende Person ist. Eine Beschränkung auf reine Inlandssachverhalte sieht der Wortlaut der Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG a. F. nicht vor.

Erstinstanzlich bestätigte das Finanzgericht (FG) Düsseldorf die Auffassung des Finanzamts (Urteil vom 18. Mai 2021, Az. 10 K 1362/18 E). Die dagegen erhobene Revision wies der BFH nun im vorliegenden Verfahren zurück.

Der BFH führte aus, dass das FG zutreffend entschieden habe, dass die von dem Kläger erzielten Kapitalerträge der tariflichen (progressiven) Einkommensteuer nach § 32a EStG unterliegen, weil die Anwendung des gesonderten Tarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG für sie gemäß der im Streitjahr geltenden Fassung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG ausgeschlossen war.

Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG a. F. galt der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG unter anderem nicht, wenn Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Dies galt nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG a. F. auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahestehende Person ist. Der BFH bejahte in seinem Beschluss das erforderliche Näheverhältnis des Klägers zu der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft, weil er aufgrund seiner Beteiligung als Alleingesellschafter deren Einflussmöglichkeiten auf Ebene der Schuldner-Kapitalgesellschaft beherrschte.

Ferner führte der BFH aus, dass keine Anhaltspunkte dafür erkennbar seien, die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG a. F. über den Wortlaut hinaus auf reine Inlandssachverhalte zu beschränken. Ebenso liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vor, weil Kapitalerträge, die von einer inländischen Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner oder an eine diesem nahestehende Person gezahlt würden, unter denselben Voraussetzungen wie im Streitfall tariflich zu besteuern seien.

Abschließend führte der BFH insbesondere auch aus, dass die mit dem JStG 2020 vorgenommene Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst. b EStG (siehe dazu sogleich) keine rein deklaratorische Wirkung in dem Sinne zukommt, dass es schon immer der gesetzgeberischen Regelungsintention entsprach, im Ausland ansässige Schuldner-Kapitalgesellschaften vom Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG auszuschließen.

 

III. Beraterhinweis: Neuregelung § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst. b EStG i. d. F. des JStG 2020

Die streitgegenständliche und bis zum JStG 2020 geltende Fassung des § 32 d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst. b EStG a. F. findet grundsätzlich noch für alle offenen Fälle Anwendung, deren Darlehensgewährung vor dem 1. Januar 2021 begründet wurde.

Durch die mit dem JStG 2020 vorgenommene Gesetzesänderung (vgl. dazu ausführlich bereits Förster/von Cölln, DB 2021, 525, 529) wurde jedoch der Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer ausgedehnt, indem die Ausnahme des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG eingeschränkt wurde. Nach der bis zur Gesetzesänderung geltenden und im vorgenannten Beschluss streitgegenständlichen Gesetzesfassung unterliegen laufende Einnahmen sowie Substanzgewinne und -verluste aus typisch stillen Beteiligungen und Kapitalforderungen nicht der Abgeltungssteuer, „wenn sie von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10% an der Gesellschaft … beteiligt ist“.

Nach Einführung der Neuregelung durch das JStG 2020 soll dies nur noch gelten, „soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Hs. keine Anwendung findet“. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Neuregelung die Ausnutzung von Steuersatzspreizungen verhindern. Der § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst b. S. 1 EStG in der Fassung des JStG 2020 ist gem. § 52 Abs. 33b Satz 1 u. 2 EStG erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 erzielt werden. Für Kapitalerträge aus Darlehen, deren rechtliche Grundlage vor dem 1. Januar 2021 begründet wurde (sog. Altdarlehen), gilt sie erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024.

 

IV. Auswirkungen auf die Praxis

Für offene und noch streitgegenständliche Fälle, in denen die steuerliche Behandlung von Zinszahlungen aus Darlehensgewährungen an ausländische Kapitalgesellschaften strittig ist, bietet der vorliegende BFH-Beschluss weitere Rechtssicherheit. Insbesondere muss konstatiert werden, dass für Altfälle keine Einschränkung der Altregelung auf rein inländische Fälle existiert.

Wichtig: Mit der Einführung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst b. EStG n. F. sind Zinszahlungen von ausländischen Kapitalgesellschaften an einen zu mindestens 10 % beteiligten Gesellschafter aus Neudarlehen (Darlehensgewährungen nach dem 31. Dezember 2020) bereits heute sowie Zinszahlungen für Altdarlehen ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr tariflich, sondern mit dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG i. H. v. 25 % zu besteuern. Der Betriebsausgabenabzug der Zinszahlungen bei der ausländischen Kapitalgesellschaft steht dann eben nicht mehr im Zusammenhang mit Einkünften der Schuldnerkapitalgesellschaft, die der inländischen Besteuerung unterliegen. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass Zinsen, die als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren sind, unter die speziellere Ausschlussregelung in § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG fallen.

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