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Neues BMF-Schreiben „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 – Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG“ (Stand 6/2023)

I. Einleitung


Im Bereich des internationalen Steuerrechtes sind in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Verwaltungsanweisungen erlassen worden, die insbesondere Rechtsprechung sowie gesetzgeberische Änderungen zum Gegenstand hatten. Im Fokus stand oftmals § 1 Außensteuergesetz (AStG), welches im Kontext der Verrechnungspreise die zentrale Korrekturvorschrift bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen in einer multinationalen Unternehmensgruppe darstellt. Nachdem bereits die Dokumentationsvorschriften in 2020 Gegenstand eines BMF-Schreibens waren (BMF, Schr. v. 3. Dezember 2020, „Verwaltungsgrundsätze 2020“) folgte in 2021 ein umfangreiches BMF-Schreiben (BMF, Schr. v. 14. Juli 2021, „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise“) zu § 1 AStG. Das nunmehr ergangene BMF-Schreiben (BMF, Schr. v. 6. Juni 2023, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2023-06-06-Verwaltungsgrundsaetze-Verrechnungspreise-2023.html
) ergänzt die bisherigen „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise“ aus 2021 insbesondere in den Themen Funktionsverlagerung, Finanzierungsbeziehungen sowie Preisanpassungsklausel und hebt dieses auf. Insgesamt hat das BMF-Schreiben einen Umfang von mehr als 800 Seiten, wobei ein Großteil auf die als Anlage in deutscher Übersetzung aufgenommenen OECD-Verrechnungspreis-Richtlinien 2022 entfällt.


II. Funktionsverlagerung


Eine Funktionsverlagerung liegt vereinfacht vor, wenn ein Unternehmen auf ein anderes Unternehmen eine Funktion verlagert und es dadurch zu einer Einstellung oder Einschränkung der Funktion beim verlagernden Unternehmen kommt. Zwecks Sicherung des Steuersubstrats hatte der Gesetzgeber vor ca. 15 Jahren mit § 1 Abs. 3 S. 9ff. AStG die zentrale Vorschrift im Zusammenhang mit Funktionsverlagerungen eingeführt. Flankiert wurde dies mit der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) vom 12. August 2007 sowie den Verwaltungsgrundsätzen zur Funktionsverlagerung (VWG-Funktionsverlagerung) vom 13. Oktober 2010. Aufgrund der gesetzgeberischen Neufassung der Funktionsverlagerung durch § 1 Abs. 3b AStG sowie § 1a AStG in 2021 sowie der überarbeiteten Neufassung der FVerlV am 18. Oktober 2022 ergab sich die Notwendigkeit einer Anpassung der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise.

Die Ausführungen zur Funktionsverlagerung finden sich in Rz. 3.87 bis 3.120 wieder und fallen mit 10 Seiten im Vergleich zu den VWG-Funktionsverlagerung (70 Seiten) deutlich kürzer aus. Detaillierte Ausführungen finden sich zur Bestimmung der Funktion, die Verlagerung sowie das Transferpaket und deren Wertermittlung. Zu begrüßen sind insbesondere die Ausführungen bei der Verlagerung von Routinedienstleistungen (Rz. 3.98), die bei internationalen Reststrukturierungen zu einer gewissen Rechtssicherheit führen. Näher erläutert wird auch das Thema Funktionseinschränkung sowie Funktionsverdopplung. Die meisten bisherigen Negativabgrenzungen, wonach keine Funktionsverlagerung vorliegt, wie bspw. die Bagatellgrenze bei einem Umsatzrückgang von weniger als 1 Mio. €, sind nicht mehr mitaufgenommen worden.


III. Finanzierungsbeziehungen


Im Bereich der Finanzierungsbeziehungen ergab sich insbesondere Ergänzungsbedarf aufgrund Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (insb. Urteil vom 18. Mai 2021, I R 4/17 und Urteil vom 13. Januar 2022, I R 15/21) zum Rückhalt im Konzern sowie zur Rolle der Besicherung. Nunmehr kann sowohl die Besicherung als auch Nichtbesicherung fremdüblich sein. Ob eine fehlende Besicherung fremdüblich ist hängt u.a. davon ab, ob ein fremder Dritter das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte (ggf. unter Berücksichtigung eines erhöhten Risikozinses, Rz. 3.128). Die Position (Akzeptanz) zum Konzernrückhalt bleibt unverändert und wird ergänzt durch Ausführungen zum Wissensvorsprung aufgrund gesellschaftsrechtlich begründeter Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten, die einen Einfluss auf die vertraglich vereinbarten Zinsen haben können (Rz. 3.127). Zudem werden Ausführungen zur Behandlung von Konzernfinanzierungsgesellschaften und Anwendung der Verrechnungspreismethode zur Bestimmung fremdüblicher Zinsen gemacht.

 

IV. Preisanpassungsklausel


Schließlich wird ein kurzer Hinweis in Bezug auf den in 2021 eingeführten § 1a AStG gegeben. Danach soll die Anwendung des § 1a AStG in den Fällen ausgeschlossen sein, in denen eine sachgerechte Preisanpassungsklausel vertraglich vereinbart wurde (Rz. 3.136). Eine gesetzliche Grundlage liegt hierfür nicht vor. Zudem ist unklar, wann eine Preisanpassungsklausel sachgerecht ist.


V. Fazit / Auswirkungen auf die Praxis

Die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 sind für nach dem 31. Dezember 2021 verwirklichte Funktionsverlagerungen, ansonsten auf alle offenen Fälle und damit rückwirkend anwendbar. Steuerpflichtige sollten prüfen, ob die Neuerungen Auswirkungen auf das Geschäftsmodell oder geplante Strukturierungen oder bestehende grenzüberschreitende Leistungsbeziehungen haben wird. Ohnehin sollte im Rahmen einer vorausschauenden Steuerplanung zur Sicherstellung einer (weltweiten) Compliance bzw. Vermeidung von Steuerzahlungen (wie bspw. die Exit-Tax bei Funktionsverlagerungen) bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen das Thema „Verrechnungspreise“ eine besondere Beachtung erfahren. Dies gilt insbesondere auch für die Dokumentation.

Für Fragen zum Thema „Funktionsverlagerung“ und deren Vermeidung sowie allgemein zum Thema Verrechnungspreise stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung.

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