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Neues BMF-Schreiben zur Nachweisführung für die Absetzung für Abnutzung (AfA) von Gebäuden nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer (Stand 3/2023)

I. Auf einen Blick


Das Bundeministerium für Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 22. Februar 2023 Rechtfertigungsgründe, maßgebliche Kriterien sowie Nachweismethoden für die Schätzung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer von Gebäuden konkretisiert. Steuerpflichtige, die eine Immobilie im Bestand haben, können anhand des BMF-Schreibens ablesen, wie die Nachweisführung für eine höhere Afa in der Steuererklärung gelingen kann.

 

II. Hintergrund


Die Absetzung für Abnutzung (Afa) wird von den meisten Immobilienbesitzern nach festen typisierten Prozentsätzen vorgenommen (Afa-Sätze). Diese betragen zwischen 2 % und 4% abhängig von Baujahr und von der Nutzung im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen.

Wenn eine Immobilie bspw. mit Baujahr 1978 erworben wurde und sich diese Immobilie im Privatvermögen befindet, wird der Gebäudeteil von den meisten Steuerpflichtigen in Ihrer Einkommensteuererklärung mit 2 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bezogen auf den Gebäudeteil abgeschrieben.  

Ist die tatsächliche Nutzungsdauer bei einem Gebäude kürzer als die sich aus der Anwendung der standardisierten Afa-Sätze ergebende Nutzungsdauer, kann – in begründeten Ausnahmefällen – die nach der tatsächlichen Nutzungsdauer ermittelte Afa nach dem Gesetzeswortlaut von § 7 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) angesetzt werden.  

Mit Urteil vom 28. Juli 2021 – IX R 25/19, BFH/NV 2022 S. 108, hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Steuerpflichtige, die sich nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG auf eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer berufen, sich jeder Darlegungsmethode bedienen können, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint, soweit daraus Rückschlüsse auf die maßgeblichen Determinanten (z. B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen) möglich sind.

Das Bundeministerium für Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 22. Februar 2023 die im Nachfolgenden dargelegten Grundsätze erlassen, die für Zwecke eines Nachweises aus Sicht des BMF erforderlich sind.

 

III. Grundsätze für Nachweisführung

Die wichtigsten Grundsätze nach dem BMF-Schreiben vom 22. Februar 2023 für die Nachweisführung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer lauten:

  • Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen.
  • Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG geeignet. Auch der alleinige Verweis auf die Modellansätze für die Gesamtnutzungsdauer in Verbindung mit dem Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauer bei Modernisierungen nach der Anlage 1 und 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung ist nicht ausreichend.
  • Der Gutachtenzweck muss sich ausdrücklich auf den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer richten und zwingend folgenden maßgeblichen Determinanten beinhalten:

    - Den technischen Verschleiß,
    - die wirtschaftliche Entwertung und 
    - die rechtlichen Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können.

Hierbei ist nach Auffassung des BMF auch eine mögliche Nachfolgenutzung des Gebäudes und deren Auswirkung auf die Nutzungsdauer einzubeziehen. Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes, sondern sind Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modelle bzw. Modellansätze der ImmoWertV bzw. der Anlagen zur ImmoWertV für Zwecke des Nachweises einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG seien nicht sachgerecht.

 

IV. Auswirkungen auf die Praxis


Die Ausführungen der Finanzverwaltung stellen eine dankbare Hilfe bei der Auslegung des § 7 Abs. 2 S. 4 EStG dar. Gleichwohl steht insbesondere das Erfordernis eines Gutachtens, welches sich ausdrücklich auf den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer richten soll, im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 28. Juli 2021 – IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108, welche grundsätzlich jede Darlegungsmethode, die im Einzelfall zur schlüssigen Führung des Nachweises geeignet erscheint, als zulässig erachtet. In der Praxis sollte der Steuerpflichtige also vorab einzelfallabhängig prüfen, ob grundsätzlich der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer möglich erscheint und wie dieser geführt werden könnte.

Für Rückfragen und weitere Informationen stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung.

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