drucken

Themen

Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (3/2023)

Bereits im September haben wir in unserem Beitrag „Photovoltaikanlagen sollen durch das Jahressteuergesetz 2022 stärker gefördert werden“ auf die geplanten Änderungen für die stärkere Förderung des Betriebs von Photovoltaikanlagen berichtet. Im Jahressteuergesetz 2022 wurden dann im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen Steuererleichterungen im Bereich der Ertragssteuern sowie Umsatzsteuer geschaffen und Vorschriften zum Bürokratieabbau umgesetzt. Eine dieser neuen Regelungen ist der eingeführte Nullsteuersatz in der Umsatzsteuer. Das Bundesministerium der Finanzen hat am 27. Februar 2023 das finale Schreiben zum Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen veröffentlicht und den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) angepasst (BMF-Schreiben vom 27.2.2023: III C 2 - S 7220/22/10002 :010).


I. Einführung des Nullsteuersatzes

Das Umsatzsteuergesetz wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 um den neuen § 12 Absatz 3 Umsatzsteuergesetz erweitert. Der § 12 Absatz 3 UStG ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. In dieser Vorschrift wird der Nullsteuersatz für folgende Umsätze festgelegt:

  1. Die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für das Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 30 Kilowatt (Peak) beträgt oder betragen wird.
  2. Der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände (wenn die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind).
  3. Die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände (wenn die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind).
  4. Die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher (wenn die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind).

Der Nullsteuersatz auf diese Umsätze ist nicht auf Photovoltaikanlagen mit maximal 30 Kilowatt (peak) beschränkt. Die Regelung bedeutet lediglich, dass für Anlagen die 30 Kilowatt (peak) nicht überschreiten das Kriterium „auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für das Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden“ als erfüllt gilt. Beispielsweise können auch größere Photovoltaikanlagen auf Wohnhäusern von der Begünstigung profitieren.

Wichtig: Wir möchten darauf hinweisen, dass der Nullsteuersatz nicht mit einer Steuerbefreiung gleich zu setzen ist. Bei einer Steuerbefreiung entfällt für die Eingangsleistungen der Vorsteuerabzug. Bei Anwendung des Nullsteuersatzes bleibt der volle Vorsteuerabzug bestehen.


II. Inhalte des BMF-Schreibens vom 27. Februar 2023

Mit Einführung des Nullsteuersatzes auf bestimmte Umsätze in Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen, kamen im Rahmen der praktischen Umsetzung viele offene Fragen auf. Das nun veröffentlichte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen geht auf viele dieser Fragen detailliert ein, um die praktische Umsetzung der Neuregelung zu vereinfachen. Im Folgenden möchten wir die wesentlichen Punkte des BMF-Schreibens kurz darstellen.

  • Unentgeltliche Wertabgabe sowohl für Altanlagen (Lieferung bis zum 31. Dezember 2022) als auch für Neuanlagen (Lieferungen ab dem 1. Januar 2023)

    Bei der Anschaffung einer Photovoltaikanlage zum Nullsteuersatz wird für die Anschaffung (mangels gezahlter Umsatzsteuer) kein Vorsteuerabzug geltend gemacht. Das hat zur Folge, dass die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Absatz 1b Satz 2 UStG) nicht vorliegen. Auch im Falle einer Entnahme oder unentgeltlichen Zuwendung einer Neuanlage, kommt es nicht zu einer unentgeltlichen Wertabgabe.

    Für Altanlagen (Lieferung bis zum 31. Dezember 2022) hatten die Käufer die Möglichkeit den Vorsteuerabzug gemäß § 15 Absatz 1 UStG in Anspruch zu nehmen. Soweit der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, führt der private Stromverbrauch zu einer steuerpflichtigen unentgeltlichen Wertabgabe (§ 3 Absatz 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, § 3 Absatz 1b Satz 2 UStG).

    Die Entnahme einer Altanlage (Lieferung bis zum 31. Dezember 2022) aus dem Betriebsvermögen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt nach § 3 Absatz 1b UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer. Auch nach dem 31. Dezember 2022 liegt in einem solchen Fall weiterhin eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe vor. Jedoch ist auf diesen Umsatz nach § 12 Absatz 3 UStG der Nullsteuersatz anzuwenden, wenn es sich um eine begünstigte Anlage handelt. Der Nullsteuersatz findet nur für die Lieferung der Photovoltaikanlage Anwendung, nicht für die Lieferung von Strom.

    Die Entnahme nur eines Teils einer dem Betriebsvermögen zugeordneten Photovoltaikanlage ist gemäß dem BMF-Schreiben nicht möglich.
  • Geschäftsveräußerung im Ganzen

    Die Hinweise zur Geschäftsveräußerung im Ganzen im Umsatzsteueranwendungserlass wurden ergänzt. Der Verkauf oder die unentgeltliche Übertragung einer Photovoltaikanlage führt (bei Vorliegen der Voraussetzungen) zu einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung. Zu beachten ist, dass der Erwerber dann an in die Rechtsposition des Veräußerers tritt. Ist der Erwerber ein Kleinunternehmer so ergibt sich eine Veränderung der Verhältnisse im Sinne von § 15a Absatz 7 UStG. Dies hat eine Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs zur Folge.
    •  Abschnitt 12.18 UStAE – Lieferung einer Photovoltaikanlage

    Lieferung einer Photovoltaikanlage
    Die Begünstigung mit dem Nullsteuersatz findet Anwendung für die Lieferung im Sinne von § 3 Absatz 1 UStG von Photovoltaikanlagen. Zu beachten ist, dass die Vermietung einer Photovoltaikanlage nicht unter die Vorschrift fällt und somit auch nicht begünstigt ist (Abschnitt 12.18 Absatz 1 Satz 7 Umsatzsteueranwendungserlass). Leasing- oder Mietkaufverträge sind genau zu betrachten, da diese je nach Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder als sonstige Leistung gewertet werden können.

    Nebenleistungen zur Photovoltaikanlage
    Es wird klargestellt, dass auch auf Nebenleistungen zur Lieferung der Photovoltaikanlage der Nullsteuersatz Anwendung findet. Im neuen Umsatzsteueranwendungserlass werden als Beispiele für Nebenleistungen unter anderem die Übernahme der Anmeldung in das Marktstammdatenregister (MaStR), die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage, die Montage der Solarmodule, die Kabelinstallation, die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers, die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln genannt. Hingegen wird aufgeführt, dass Wartungsarbeiten, die Einholung von behördlichen Genehmigungen oder die Versicherung der Photovoltaikanlage als eigenständige Serviceleistungen anzusehen sind und nicht der Begünstigung unterliegen.

    Betreiber einer Photovoltaikanlage
    Der Nullsteuersatz nach § 12 Absatz 3 UStG findet nur Anwendung, wenn die Lieferung der Photovoltaikanlage unmittelbar an den Betreiber erfolgt. Die in der Lieferkette vorausgehenden Lieferungen, wie beispielsweise an Zwischenhändler, Leasinggeber, Mietverkäufer) unterliegen hingegen dem Regelsteuersatz. Betreiber der Photovoltaikanlage sind die natürlichen Personen, juristische Personen oder Personenzusammenschlüsse, die zum Leistungszeitpunkt als Betreiber der jeweiligen Anlage im Marktstammdatenregister registrierungspflichtig sind oder voraussichtlich registrierungspflichtig werden. Für die Anwendung des Nullsteuersatzes ist es nicht erforderlich, dass der Betreiber die Unternehmereigenschaft besitzt.

    Belegenheitsvoraussetzungen
    Damit die Begünstigung mit dem Nullsteuersatz Anwendung findet, ist die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden zu installieren. Es ist im Einzelfall genau zu prüfen, ob die Belegenheitsvoraussetzungen gegeben sind.

    Mischnutzung
    Auch bei einer gemischten Nutzung (für sowohl begünstigte als auch nicht begünstigte Zwecke) ist nach dem Umsatzsteueranwendungserlass grundsätzlich von einem begünstigten Gebäude auszugehen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die unschädliche Nutzung so sehr hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt, dass eine Anwendung der Begünstigung nicht sachgerecht wäre. Dies wäre beispielweise der Fall, wenn die auf die unschädliche Nutzung entfallenden Nutzflächenanteile weniger als 10% der Gesamtgebäudenutzfläche ausmachen.

    Vereinfachungsregelung
    In § 12 Absatz 3 Nummer 1 Satz 2 UStG wird mit einer Fiktion gearbeitet. Soweit die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30kW (peak) beträgt oder betragen wird, gilt die Photovoltaikanlage als auf einem begünstigten Gebäude errichtet. Die Grenze von 30kW (peak) ist je Einheit zu prüfen. Der Umsatzsteueranwendungserlass geht auch auf die nachträgliche Erweiterung einer Photovoltaikanlage ein. In diesem Fall ist die Leistung der bestehenden Einheit mit der Leistung der Erweiterung zu addieren. Wird die 30kW-Grenze überschritten, so ist die Vereinfachungsregelung auf die Erweiterung nicht anwendbar. Jedoch führt dies nicht zur nachträglichen Nichtanwendbarkeit der Vereinfachungsregelung für den bereits bestehenden Teil.

    Nachweis der Voraussetzungen
    Der leistende Unternehmer (also der Lieferer oder Dienstleister) hat nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsteuersatzes erfüllt sind. Dafür ist es ausreichen, wenn der Erwerber erklärt, dass er der Betreiber ist und es sich um ein begünstigtes Gebäude handelt bzw. die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30kW (peak) beträgt.

    Solarmodule und Speicher
    Im Umsatzsteueranwendungserlass wird klargestellt, dass netzgebundene Anlagen und nicht-netzgebundene stationäre Anlagen (sogenannte Inselanlagen) dem Nullsteuersatz unterliegen. Zur Vereinfachung wird davon ausgegangen, dass Solarmodule mit einer Leistung von 300 Watt und mehr für netzgekoppelte Anlagen oder stationäre Inselanlagen eingesetzt werden. Wenn die Leistung nicht mehr als 600 Watt beträgt, entfällt die besondere Nachweispflicht. Es wird dann unterstellt, dass es sich um eine begünstigte Anlage handelt und die Betreibereigenschaft vorliegt. Davon gibt es jedoch eine Ausnahme. Das gilt nicht für Lieferungen durch Hersteller von Photovoltaikanlagen und Lieferungen im Großhandel.


III. Fazit


Das veröffentlichte BMF-Schreiben hilft den Betroffenen die Regelungen in der Praxis umzusetzen. Anzuwenden ist das BMF-Schreiben erstmals auf Umsätze die nach dem 31. Dezember 2022 ausgeführt werden. Bei der Anwendung des Nullsteuersatzes und der optimalen Gestaltung einer Neuanschaffung einer Photovoltaikanlage oder der Entnahme einer Altanlage sind immer die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Grundsätzlich sind derzeit Betreiber von Neuanlagen hinsichtlich der Besteuerung im Vorteil. Betreiber von Altanlagen sollten jedoch mit Bedacht agieren und die mögliche Übertragung oder Entnahme von Altanlagen zuvor auf steuerliche Konsequenzen prüfen lassen. Gerne unterstützen wir Sie bei steuerlichen Fragen zu Ihrer Photovoltaikanlage.

Für Rückfragen und für weitere Informationen stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508-100 gerne zur Verfügung.

KONLUS Kontaktservice






* Pflichtfeld

Standort Bensberg:

Schloss-Straße 20
51429 Bergisch Gladbach
Tel.: +49 (0) 22 04 / 9 50 81 00
Fax: +49 (0) 22 04 / 9 50 81 10

Service Hotline

02204 - 9 50 81 00

Standort Köln:

Im Mediapark 5a
50670 Köln
Tel.: +49 (0) 221 / 95 26 81 - 170
Fax: +49 (0) 221 / 95 26 81 - 113

Aktuelle Themen zum Steuerrecht, Betriebsprüfung und vieles mehr