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Wegzugsbesteuerung: Nichtberücksichtigung einer nach dem Wegzug eingetretenen Wertminderung der Anteile im Zuzugsstaat (Stand 01/2024)

I. Einleitung

Zieht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger ins Ausland und hält er Kapitalgesellschaftsanteile (i. H. v. mindestens 1 %) i.S.d. § 17 EStG, kann dies die sog. Wegzugsbesteuerung nach § 6 Außensteuergesetz (AStG) auslösen. Voraussetzung ist hierfür u.a. die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht oder der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile. Nicht selten kommt es vor, dass nach dem Wegzug nachträglich eine Wertminderung der Anteile eintritt und diese durch Anteilsveräußerung realisiert wird. Die Wertminderung kann im Rahmen des § 6 AStG berücksichtigt werden, sofern diese im Zuzugsstaat steuerlich nicht berücksichtigt worden ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26. Juli 2023 (Az. I R 39/20, NV) die „Nichtberücksichtigung im Zuzugsstaat“ konkretisiert.

 

II. Urteilssachverhalt

Die Klägerin hielt 50% der Anteile an einer GmbH und verzog in 2012 von Deutschland nach Österreich. Zum Zeitpunkt des Wegzugs setzte das Finanzamt einen fiktiven Veräußerungsgewinn fest. In Österreich bezog die Klägerin lediglich in Deutschland steuerpflichtige Renten. In 2016 veräußerte die Klägerin den Anteil mit einem geringeren Wert als den zum Wegzugszeitpunkt festgesetzten Veräußerungsgewinn. Das Finanzamt widerrief die gewährte Stundung. Die vom Kläger begehrte Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 hinsichtlich der nachträglichen Wertminderung lehnte das Finanzamt ab. Der Einspruch blieb ebenso wie die Klage beim FG Münster erfolglos.

 

III. Entscheidung des BFH


Nach Auffassung des BFH ist die zwischen Wegzug und Anteilsveräußerung eingetretene Wertminderung im Wege der Änderung der festgesetzten „Wegzugssteuer“ zu berücksichtigen. Ist bei einer Veräußerung der Beteiligung der Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der Stundung niedriger als der Vermögenszuwachs nach § 6 Abs. 1 AStG und wird die Wertminderung bei der Einkommensbesteuerung durch den Zuzugsstaat nicht berücksichtigt, ist der Steuerbescheid insoweit aufzuheben oder zu ändern. Diese tatbestandliche Anforderung ist dahin zu verstehen, dass es auf die konkrete Berücksichtigung der Wertminderung im Rahmen des durch eine Finanzbehörde des Zuzugsstaats durchgeführten Besteuerungsverfahrens ankommt, z. B. in einem Einkommensteuerbescheid. Ist es zu einer solchen Berücksichtigung nicht gekommen, z. B. weil der Zuzugsstaat den Veräußerungsvorgang im Einzelfall nicht besteuert, ist das Eingreifen der Korrekturnorm des § 6 Abs. 6 S. 1 AStG nicht weitergehend davon abhängig, dass der Steuerpflichtige eine Steuererklärung eigens zu dem Zweck abgegeben hat, eine Entscheidung der ausländischen Steuerbehörde über die Frage der Berücksichtigung der Wertminderung herbeizuführen. Zwar habe die Feststellungslast für die Nichtberücksichtigung der Wertminderung im Zuzugsstaat der Steuerpflichtige zu tragen. Allerdings muss die Nichtberücksichtigung der Wertminderung im Zuzugsstaat nicht auf einer (finanz-)behördlichen Entscheidung beruhen. Eine „Erklärungspflicht“ als Voraussetzung kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass den Steuerpflichtigen die Feststellungslast für die Nichtberücksichtigung der Wertminderung im Zuzugsstaat träfe.

 

IV. Auswirkungen auf die Praxis


Grundsätzlich berücksichtigt die Wegzugsteuer auch nachträgliche Wertminderungen, wenn dies im Zuzugsstaat nicht erfolgt. Die Feststellungslast trifft den Steuerpflichtigen und stellt in der Praxis oftmals eine hohe Hürde dar. Nach Auffassung des BFH setzt die Korrektur der Veranlagung des Wegzugjahres aufgrund einer nach dem Wegzug eingetretenen Wertminderung der Anteile nicht voraus, dass der im Ausland nicht verpflichtete Steuerpflichtige die Berücksichtigung der Wertminderung im Zuzugsstaat erfolglos beantragt hat. Im Streitfall hatte die Klägerin nach ihrem Umzug nach Österreich aus diversen Gründen (hohes Lebensalter, der Besteuerung des Wegzugsstaats unterliegende Rentenbezüge, Fehlen weiterer Einkunftsquellen und Ähnliches) dort „nichts zu versteuern“ und war deshalb nicht erklärungspflichtig. Ob und inwieweit eine Wertminderung auch dann berücksichtigt werden kann, wenn der Steuerpflichtige bewusst gegen eine im Zuzugsstaat bestehende Erklärungspflicht verstößt, musste im Streitfall nicht entschieden werden. Dem Weggezogenen ist zu raten, die steuerlichen Folgen vor Veräußerung im Zuzugsstaat mit einem Rückzug nach Deutschland und der hier zu erfolgenden Besteuerung des Veräußerungsgewinnes zu vergleichen.

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