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Zur Besteuerung von Stock Options im Fall des Ansässigkeitswechsels (4/2023)

I. Einleitung


Die Beteiligung von (ausgewählten) Mitarbeitern am zukünftigen Erfolg des Unternehmens kann ohne oder mit Kapitalbeteiligung erfolgen. Während bei Start-Ups in der Regel nur virtuelle Kapitalbeteiligungen (sog. Stock Appreciation Rights/Phantom Shares) zur Anwendung kommen, bieten internationale Konzerne oftmals reale Kapitalbeteiligungen mittels sog. Stock Option-Programme an. Für die lohnsteuerliche Behandlung sind nachfolgende Zeiten von Bedeutung:  

Höchstrichterlich geklärt ist Folgendes: Werden dem Arbeitnehmer vergünstigt oder kostenlos Aktienoptionen gewährt, unterliegt der geldwerte Vorteil aus einem verbilligten Erwerb der Lohnsteuer erst zum Zeitpunkt der Ausübung der Aktienoptionen, soweit der Arbeitnehmer die Aktien unterhalb des Markpreises erworben hat. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nunmehr mit Urteil vom 21. Dezember 2022 (Az. I R 11/20) u.a. die Frage geklärt, welche Rechtsfolgen ein Ansässigkeitswechsel vor dem Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option (als Zuflusszeitpunkt) hat.

 

II. Auf einen Blick

In dem Urteil vom 21. Dezember 2022 (Az. I R 11/20) stellt der BFH im Kern insbesondere Folgendes höchstrichterlich fest:

  1. Der verbilligte Erwerb von Aktien führt zu einem geldwerten Vorteil i. S. d § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zum Zeitpunkt der Ausübung der Option (st. Rechtsprechung).
  2. Für die Anwendung des Art. 15 DBA-USA kommt es auf die Ansässigkeit zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option (Zufluss) an.
  3. Als Erdienungszeitraum ist der Zeitraum zwischen der Gewährung der Stock Options und ihrer erstmaligen Ausübbarkeit anzusehen.
  4. Aufgrund konkreter Vereinbarungen kann ein abweichender Erdienungszeitraum vorliegen.

 

III. Im Detail

1. Urteilssachverhalt


Im Streitjahr 2011 hatte der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland. Von Juni 2001 bis zum 15. April 2005 war er für die in den USA ansässige Y tätig. Während dieses Zeitraumes hatte der Kläger seinen Wohnsitz in die USA verlagert. Der Kläger hielt sich aufgrund von Dienstreisen außerhalb von den USA, u.a. in Deutschland, auf. Ab Mai 2005 war er wieder im Inland tätig, ab August 2005 kehrte er mit seiner Familie nach Deutschland zurück.

Zum 1. April 2003 waren dem Kläger von Y nicht handelbare Stock Options gewährt worden, die er ab dem 1. April 2005 zu 50 % und ab dem 1. April 2006 zu 100 % ausüben durfte. In 2011 übte der Kläger teilweise die Optionen aus und erfasste den hieraus resultieren Überschuss auf Basis der in den USA geleisteten Arbeitstage in seiner US-Steuererklärung. Das Finanzamt (FA) behandelt die nicht in der USA besteuerten Einkünfte als im Inland steuerpflichtig. Hiergegen richtete sich die Klage. Nach Auffassung des Finanzgerichtes (FG) Baden-Württemberg sei für die Frage der Ansässigkeit i. S. d. DBA-USA nicht auf das Jahr des Zuflusses (2011), sondern auf die Frage der Ansässigkeit des Klägers in den USA zwischen der Gewährung der Optionen und deren erstmaliger Ausführbarkeit (Erdienungszeitraum) abzustellen. Daraus folge, dass das Besteuerungsrecht für die streitigen Einkünfte nach Art. 15 und Art. 21 DBA-USA nicht Deutschland zustehe, sondern diese lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen seien.

 

2. Entscheidung des BFH

Nach Auffassung des BFH unterliegen die im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht erzielten Einkünfte aus dem verbilligten Erwerb der Aktien unstrittig als geldwerter Vorteil i. S. d. § 19 EStG der Besteuerung. Diese fließen dem Kläger zum Zeitpunkt der Ausübung der Option (2011) zu (§ 11 EStG).

Art. 15 DBA-USA folgt dem OECD-MA und weist bei Vergütungen aus unselbständiger Arbeit dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu (Grundregel). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Tätigkeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird (Ausnahme). Das Besteuerungsrecht steht jedoch bei entsprechender Erfüllung der Voraussetzungen (u.a. 183-Tage-Regelung) des Art. 15 Abs. 2 DBA-USA nur dem Ansässigkeitsstaat zu (Rückausnahme). Bezieht eine in Deutschland ansässige Person Einkünfte nach Art. 15 DBA USA, die in den USA besteuert werden können, sind diese nach Art. 23 Abs. 3 S. 1 lit. a) DBA-USA iVm § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG unter Progressionsvorbehalt von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen. 

Für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 S. 1 DBA-USA kommt es auf den Ort der Arbeitsausübung während des Erdienungszeitraumes (Zeitraum zwischen Gewährung der Optionen und erstmalige Ausübbarkeit) an, da Stock Options Vergütungen für die in der Vergangenheit (USA) ausgeübten Tätigkeiten sind. Welche Rechtsfolgen ein Ansässigkeitswechsel vor dem Zeitpunkt der Ausübung der Optionen (als Zuflusszeitpunkt) hat, war bisher umstritten und nicht höchstrichterlich entschieden. Nach Auffassung des BFH sei nunmehr allein die Ansässigkeit i. S. d. Art. 4 DBA-USA zum Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich.

Ausgehend von einer Ansässigkeit des Klägers in Deutschland wird das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus den Stock Options nach Art. 15 DBA-USA nur insoweit eingeschränkt, als die Tätigkeit im Erdienungszeitraum in den USA ausgeübt worden ist. Für Beschäftigungstage, an denen der Kläger auf Dienstreise in Deutschland oder Drittstaaten war, steht das Besteuerungsrecht Deutschland zu.

 

IV. Auswirkungen auf die Praxis

Der BFH hat nunmehr höchstrichterlich entschieden, dass es für Anwendung des Art. 15 DBA-USA auf die Ansässigkeit zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option (Zufluss) ankommt. Die Rechtsprechung ist auf andere DBAs, die Art. 15 OECD-MA entsprechen, übertragbar (vgl. Rz. 20 der Urteilsbegründung). Ist der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Optionsausübung im Inland ansässig, sind die Einkünfte nach Tätigkeitstagen in den USA, in Deutschland und in Drittstaaten während des Erdienungszeitraumes aufzuteilen. Die in den USA zu besteuernden Einkünfte werden in den Progressionsvorbehalt einbezogen, die übrigen Einkünfte unterliegen in Deutschland der Besteuerung. Dies gilt mit Blick auf Drittstaaten jedoch nur dann, wenn sich aufgrund eines mit dem Drittstaat abgeschlossenen DBAs nicht eine andere steuerliche Beurteilung ergibt. 

Zudem ist der Erdienungszeitraum grundsätzlich der Zeitraum zwischen der Gewährung der Stock Options und deren erstmaliger Ausübbarkeit. Allerdings seien konkrete Vereinbarungen denkbar, die zu einer anderen Beurteilung führen können (siehe Rz. 30 der Beurteilungsbegründung). 

Steuerpflichtige sollten vor Ausübung der Optionen im internationalen Kontext die steuerlichen Auswirkungen prüfen lassen, um einerseits die korrekte steuerliche Behandlung zu gewährleisten und andererseits ggf. eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

Für Rückfragen zum Thema „Mitarbeiterbeteiligungen“ und der Implementierung von (virtuellen) Beteiligungsprogrammen sowie zu dem o.g. Urteil stehen Ihnen unsere Ansprechpartner unter der Telefonnummer 02204 9508- 100 gerne zur Verfügung.

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