I. Auf einen Blick
Für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist neben der entgeltlichen Tatbestandvoraussetzung aus § 21 Abs. 2 EStG insbesondere auch die nachhaltige Absicht über die Erzielung von Einkünften zu beachten. Für aufwendig gestaltete oder ausgestattete Wohnungen sowie Wohnung mit mehr als 250m² Wohnfläche ist eine ortsübliche Marktmiete schwer zu ermitteln. Für diese vermieteten Wohnungen oder auch Einfamilienhäuser an nahestehende Personen ist demnach häufig der Tatbestand der Liebhaberei erfüllt und eine Anrechnung der Werbungskosten bzw. Verluste für die übrige Ermittlung der Einkünfte entfällt. Mit dem Urteil vom 20. Juni 2023 – IX R 17/21 hat der BFH damit gegen eventuelle Steuerersparnisse durch die Vermietung von Luxusimmobilien entschieden.
II. Im Detail
a. Urteilssachverhalt
In dem vorgenannten Urteil wurden insgesamt drei Einfamilienhäuser durch die Kläger unbefristet an ihre (volljährigen) Kinder vermietet. Die Einfamilienhäuser wurden in den Jahren 2003, 2007 und 2008 gekauft und vollständig fremdfinanziert. Die erworbenen Einfamilienhäuser weisen dabei Wohnflächen von 322m², 290m² und 331m² auf. Anpassungen der Fremdfinanzierungszinssätze erfolgten in den Jahren 2017 und 2019.
Durch die Vermietung entstanden den Steuerpflichtigen jährliche Verluste zwischen 172.000 € und 216.000 €. Diese Verluste verrechneten die Kläger mit ihren übrigen Einkünften wodurch sich eine erhebliche Einkommensteuerersparnis ergab. Für die streitgegenständlichen Veranlagungszeiträume 2011 bis 2013 wurden die durch die Kläger geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zunächst durch das Finanzamt erklärungsgemäß veranlagt. Durch eine spätere Außenprüfung wurde die steuerliche Anerkennung allerdings versagt. Ein Einspruch gegen die Entscheidung blieb ebenso wie die Klage beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg erfolglos.
b. Urteilsbegründung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im vorliegenden Urteil die Revision gegen die erstinstanzliche Entscheidung des FG Baden-Württemberg (Urteil vom 22. Januar 2021 – 5 K 1938/19) als begründet zugelassen und in den zwei Leitsätzen wie folgt entschieden:
- Bei der Vermietung eines Objekts mit einer Wohnfläche von mehr als 250 m² besteht eine Ausnahme von der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit, die Anlass zu deren Überprüfung mittels einer Totalüberschussprognose gibt.
- An den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit und den diesbezüglichen Ausnahmen, insbesondere bei der Vermietung eines Objekts mit mehr als 250 m² Wohnfläche, hält der Senat auch nach der Einfügung von § 21 Abs. 2 S. 2 EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 fest.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG werden erzielt, wenn Grundstücke, Gebäude oder Gebäudeteile gegen Entgelt zur Nutzung überlassen werden und die Absicht besteht über die Nutzungsdauer einen Überschuss zu erzielen (vgl. z.B. BFH vom 17.04.2018 – IX R 9/17, BStBl. II 2019, 219). Dabei ist nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige bei einer dauerhaften Vermietungstätigkeit beabsichtigt, einen nachhaltigen Einnahmenüberschuss zu erzielen, selbst wenn über einen längeren Zeitraum lediglich Werbungskostenüberschüsse vorliegen (vgl. z.B. BFH vom 06.10.2004 – IX R 30/03, BStBl. II 2005, 386). Dies bezieht sich insbesondere auf vermietete Wohnungen.
Für die Ermittlung des Gebrauchswertes einer Wohnung wird grundsätzlich die ortsübliche Marktmiete herangezogen. Für den Fall einer aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnung ist es häufig schwierig eine vergleichbare ortsübliche Marktmiete heranzuziehen. In diesen Fällen kann häufig nicht von einer nachhaltigen Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden (vgl. z.B. BFH vom 06.10.2004 – IX R 30/03, BStBl. II 2005, 386). Gemäß der früheren Rechtsprechung des BFH, kann eine aufwendig gestaltete oder ausgestattete Wohnung angenommen werden, wenn die Wohnfläche über 250m² liegt (vgl. z.B. BFH vom 09.09.1997– IX R 52-94, BStBl. II 1997, 818). Darüber hinaus können parkähnliche Gartenanlagen, ein Schwimmbad, Fitnessstudio oder eine Sauna ebenfalls bereits zu einer aufwendig ausgestatteten Wohnung führen, auch wenn die Wohnfläche unter 250m² ist (vgl. z.B. BFH vom 09.09.1997– IX R 52-94, BStBl. II 1997, 818).
Die Rechtfertigung in Bezug auf eine flächenmäßige Abgrenzung beruht in der Regel auf einem fehlenden Mietspiegel für Wohnung in dieser Größe. Demnach kann eine ortsübliche Marktmiete nicht aussagekräftig ermittelt werden. Gleichwohl steht es dem Steuerpflichtigen offen die Einkünfteerzielungsabsicht nachzuweisen.
An den Regelungen aus dem eingeführten § 21 Abs. 2 S. 2 EStG durch das StVereinfG 2011 zum 01.01.2012 hält der BFH grundsätzlich fest. Damit werden Wohnungen als entgeltlich vermietet angesehen, wenn die Miete bei einem dauerhaften Mietverhältnis mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete entspricht. Dennoch grenzt der BFH hier ab und sieht die Einkünfteerzielungsabsicht als gesondert zu prüfende Tatbestandsvoraussetzung an. Für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht sind demnach bei der Totalüberschussprognose die tatsächlichen Umstände maßgeblich und nicht etwaige fiktive Umstände wie Mieterhöhungen oder Zinssenkungen. Insbesondere wird von einem 30-jährigen Prognosezeitraum ausgegangen.
III. Auswirkung auf die Praxis
Durch das Urteil bestätigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei der Vermietung von aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Objekten (z.B. besonderer Ausstattungsmerkmale oder eine Größe von mehr als 250 qm Wohnfläche) nicht automatisch von einer steuerbaren Tätigkeit auszugehen ist. Steuerpflichtige mit solchen müssen nachweisen, dass die Vermietung mit der Absicht erfolgt, einen finanziellen Überschuss zu erzielen. Können Steuerpflichtige diesen Nachweis nicht führen, weil sie über einen längeren Zeitraum Verluste erwirtschaften, handelt es sich bei der Vermietungstätigkeit um eine steuerlich nicht beachtliche sogenannte Liebhaberei. Im Fall einer Liebhaberei sind die aus dieser Tätigkeit stammende Verluste nicht mit anderen positiven Einkünften verrechenbar.
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